MS und Kinderwunsch

MS und Kinderwunsch

Früher wurde Frauen mit Multipler Sklerose (MS) noch von einer Schwangerschaft abgeraten. Heute weiß man, dass sich MS und Kinderwunsch im Allgemeinen nicht ausschließen. Das gilt besonders dann, wenn die MS stabil eingestellt ist und der Krankheitsverlauf es erlaubt, dass sich die Mutter ausreichend um ihr Kind kümmern kann.

Welche Fragen können beim Thema MS und Kinderwunsch auftauchen?

Ist Multiple Sklerose vererbbar?

MS ist an sich keine Erbkrankheit. Allerdings kann die Veranlagung MS zu bekommen, vererbt werden. Das heißt aber nicht, dass jeder, der die Veranlagung hat, auch wirklich an MS erkrankt. Wenn ein Elternteil an MS erkrankt ist, liegt das Risiko für die Kinder auch an MS zu erkranken bei 3 bis 5 %. Dieser Wert ist zwar etwas höher als der statistische Durchschnitt in der Bevölkerung, der bei 0,1 % liegt. Die Wahrscheinlichkeit, dass eines Ihrer Kinder MS bekommt, ist aber immer noch sehr gering. Lesen Sie hier mehr über MS und Ursachen.

Beeinflussen MS oder die Medikamente gegen MS die Fruchtbarkeit (Fertilität)?

Die Fruchtbarkeit von Frauen bzw. die Zeugungsfähigkeit von Männern ist durch MS im Allgemeinen nicht eingeschränkt. Allerdings haben viele Männer mit MS zweitweise Erektionsstörungen, die durch Spastiken, Muskelschwächen oder Nebenwirkungen von Medikamenten entstehen. Das lässt sich jedoch gut behandeln.

Hat eine Schwangerschaft Auswirkungen auf die MS?

Langfristig verursacht eine Schwangerschaft keine negativen Auswirkungen auf den Verlauf der MS. Während der Schwangerschaft, vor allem im letzten Schwangerschaftsdrittel, können die Krankheitsschübe sogar deutlich seltener werden (bis zu 80%). Erst in den ersten drei Monaten nach der Entbindung kommt es manchmal wieder zu einem Schubanstieg. So erleiden etwa 30% der Frauen in den ersten 3 Monaten nach der Geburt einen Schub und 50% im ersten Jahr. Insgesamt gesehen aber haben Schwangerschaften offenbar keine negativen Auswirkungen auf das Fortschreiten der Erkrankung.

Was ist bei Schwangerschaft bezüglich der MS-Medikamente zu beachten?

Am wichtigste ist es, schon vor einer geplanten Schwangerschaft mit dem Neurologen zu sprechen. Von der Krankheitsaktivität und davon, welche Medikamente Sie einnehmen, hängt es ab, ob Sie einzelne Medikamente auch noch in der Schwangerschaft einnehmen können oder ob sie besser abgesetzt werden.

Die meisten gängigen MS-Medikamente sind in der Schwangerschaft und Stillzeit nicht oder nur eingeschränkt zugelassen. Daher wird eine Unterbrechung der Therapie bzw. eine Beendigung meist schon vor einer geplanten Empfängnis, spätestens aber mit Eintritt der Schwangerschaft empfohlen. Ihr Neurologe kann Sie hier am besten beraten.

Wie sollte eine Frau mit MS entbinden?

Die Art der Geburt – also normale Entbindung oder Kaiserschnitt – hängt normalerweise nicht von der MS ab, sondern allein von geburtshilflichen Erwägungen. Die meisten Frauen haben keine größeren körperlichen Einschränkungen durch die MS, so dass sie frei entscheiden können, wie sie entbinden möchten. Nur bei einer stärkeren MS kann im Einzelfall eventuell ein Kaiserschnitt sinnvoll sein. Der oben erwähnte Schubanstieg nach der Geburt ist unabhängig von der Art der Entbindung. Und auch auf eine Periduralanästhesie (PDA) müssen Frauen, die an einer MS erkrankt sind, nicht verzichten. Hier finden Sie weitere Informationen zu MS bei Frauen.

Soll eine Mutter mit MS stillen?

Diese Frage sollten Sie unbedingt mit Ihem Neurologen besprechen. Die meisten Frauen mit MS sollten und können stillen, wenn sie das wollen. Nur wenn Sie bei einem hochaktiven Krankheitsverlauf bald nach der Geburt wieder Medikamente einnehmen müssen, sollten Sie eventuell auf das Stillen verzichten. Es gibt zwar Ausnahmen, aber unter den meisten MS-Therapien darf man leider nicht stillen. Auf jeden Fall also vorher mit dem Arzt sprechen.

In der Regel aber müssen Frauen wegen der MS nicht auf das Stillen verzichten und sollten wie von der WHO empfohlen ca. 4–6 Monate voll stillen und nach dem Abstillen wieder mit der MS-Therapie beginnen. Das Stillen kann nämlich auch für die Mutter positive Wirkungen haben. So konnte man in einer Studie zeigen, dass Frauen, die nach der Schwangerschaft ausschließlich gestillt haben, weniger MS-Schübe hatten als Frauen, die nicht oder nur teilweise gestillt haben.

Eventuelle Schübe können während der Stillzeit mit speziellen Medikamenten, wie hochdosierten Steroiden oder intravenösen Immunglobulinen, behandelt werden. Auch hierzu kann Sie Ihr Arzt beraten.

Was sollten junge Eltern mit MS noch beachten?

Ein Baby bringt für beide Partner viel Freude, manchmal erfordert es aber auch viel zusätzliche Kraft und Energie. Dadurch können Ermüdungserscheinungen (Fatigue-Symptome) und auch das Schubrisiko zunehmen. Für Eltern mit MS ist es also besonders wichtig, sich schon vor der Schwangerschaft über Möglichkeiten zur Entlastung Gedanken zu machen. Ein stabiles persönliches Netzwerk, wie z. B. Eltern, Freunde oder Nachbarn, sollten Sie rechtzeitig zur Unterstützung einbinden. Diese können Sie während der Schwangerschaft und danach begleiten und wenn nötig unterstützen. Im Krankheitsfall, z.B. bei einem Schub, bieten viele Krankenkassen eine Haushaltshilfe oder Familienhelferin an; klären Sie das vorab. Viele Hebammen begleiten auch nach der Geburt. Bei weiteren Fragen zu Unterstützungsmöglichkeiten wenden Sie sich am besten an Ihr zuständiges Gesundheitsamt.

Fazit

Eine Frau oder ein Mann mit MS muss natürlich nicht auf eigene Kinder verzichten. Darin sind sich alle Experten einig. Wichtig ist, die einzelnen Phasen mit dem Arzt oder Neurologen möglichst frühzeitig – also möglichst schon vor der Empfängnis – abzusprechen und sich für die Zeit nach der Geburt ein gutes Netzwerk zu schaffen.

Weitere Informationen:
www.ms-und-kinderwunsch.de

Bücher:
Hellwig, Kerstin: Sexualität und Schwangerschaft bei Multipler Sklerose. dmv, 2011.

Schütz, Jutta: Kinderwunsch mit Multiple Sklerose: Von der Planung der Schwangerschaft bis nach der Geburt. BoD, 2016.

 

 

 

 

COMMENTS