Stuhltransplantation bei CED – Potenzial für eine Ruhephase?

Stuhltransplantation bei CED – Potenzial für eine Ruhephase?

Für die Behandlung einer chronisch entzündlichen Darmerkrankung (CED) kommen verschiedene Optionen infrage. Eine nicht so bekannte könnte die Stuhltransplantation sein.

Stuhltransplantation – was ist das?

Mit einer Stuhl- oder Fäkalen-Mikrobiota-Transplantation (FMT) wird das Mikrobiom aus dem Stuhl einer darmgesunden Person in den Darm einer erkrankten Person übertragen. Ein Nutzen der Behandlung ist oft bei den Personen eingetreten, die wegen einer wiederkehrende Darminfektion mit dem Bakterium Clostridioides difficile Darmbeschwerden hatten.1 Aber auch zur Behandlung der chronisch-entzündlichen Darmerkrankung (CED) Colitis ulcerosa kommt diese Form der Behandlung infrage.2

Bei Morbus Crohn, eine weitere CED, muss noch weiter geforscht werden. Hier gibt es unterschiedliche Erkenntnisse, ob sich diese Erkrankung mit einer Stuhltransplantation positiv beeinflussen lässt.3,4 Dennoch zeigte sich bei allen drei Darmerkrankungen (Clostridioides difficile, Colitis ulcerosa und Morbus Crohn) eine Einleitung der Ruhephase (Remission) durch den Einsatz der Stuhltransplantation und eine Abschwächung der Beschwerden.4

Bislang sind weder in Deutschland noch in Europa Medikamente zugelassen, die auf FMT basieren. Stuhltransplantationen werden daher nicht als anerkannte Behandlung betrachtet, sondern als individuelle Heilungsversuche einzelner Erkrankter. Deshalb werden sie hierzulande nicht von den Krankenkassen finanziert und müssen privat bezahlt werden.3

Was passiert bei einer Stuhlspende?

Vor einer Stuhlspende wird sichergestellt, dass der Stuhl von einer gesunden Person stammt.5 Der Spender oder die Spenderin darf nicht unter chronischer Verstopfung, Diarrhoe, CED oder Zöliakie leiden. Auch ein weicher Stuhl in den letzten vier Wochen, eine Magenverkleinerung oder eine vergangene Infektion mit Typhus oder Salmonellen stellen Ausschlusskriterien dar. Das gleiche gilt für Erkrankungen wie Adipositas, Depression oder chronische Schmerzsyndrome.Zusätzlich wird der Spenderstuhl oder das Blut der spendenden Person auf Krankheitserreger untersucht. Allerdings existieren für diese Voruntersuchungen keine einheitlichen Regelungen.5

Zudem ist noch nicht klar, welche Eigenschaften der Stuhl der spendenden Person idealerweise aufweisen sollte.4 Vorteilhaft erscheint es jedoch, wenn der Spenderstuhl von einer Person stammt, die mit der erkrankten verwandt ist oder mit ihr im selben Haushalt lebt. Dies kann die Behandlung für den Stuhlempfänger oder die Stuhlempfängerin zum einen angenehmer machen. Zum anderen reduziert sich so möglicherweise das Risiko einer Infektion, da beide in der Regel ein ähnliches Mikrobiom aufweisen.5

Sind alle Untersuchungen abgeschlossen und der gespendete Stuhl für eine Transplantation geeignet, bereitet das Laborpersonal die Probe auf. Dafür wird der Stuhl verflüssigt und gefiltert, bevor er in den Körper der erkrankten Person eingebracht wird. Je nachdem, an welcher Stelle die Transplantation erfolgt, spricht man von:5

  • einer Darmspiegelung (Koloskopie): in den Dickdarm oder
  • einer Nasensonde (Duodenalsonde): in den Dünn- oder Zwölffingerdarm

Welche Wirkung hat fremder Stuhl auf die Darmflora bei CED?

Mit der Stuhltransplantation erhält die behandelte Person Mikroorganismen, die sich im erkrankten Darm ansiedeln sollen. Auf diese Weise wird versucht, das Mikrobiom positiv zu beeinflussen, um das Gleichgewicht wiederherzustellen.4 Denn verändert sich die Zusammensetzung der Darmflora, wirkt sich das auf die Funktion des Immunsystems aus.2

Damit das Mikrobiom im erkrankten Darm weiter unterstützt wird, ist zusätzlich zur Stuhltransplantation eine entzündungshemmende Ernährung sinnvoll.2 Diese besteht beispielsweise aus viel Gemüse, Pilzen, Nüssen, tierischem Eiweiß, Brühe aus Rinder- oder Hühnerknochen und weniger aus Milchprodukten, Hülsenfrüchten, stark verarbeiteten Lebensmitteln sowie Zucker oder Alkohol.6

Was ist das Mikrobiom?

Das Mikrobiom stellt die Gesamtheit aller Mikroorganismen dar, die in oder auf einem Lebewesen vorkommen. Jene, die im Mund, der Speiseröhre, dem Magen und dem gesamten Darm des Menschen anzutreffen sind, werden auch als humanes intestinales Mikrobiom bezeichnet. Diese Mikroflora ist Teil des menschlichen Stoffwechselsystems und hat daher einen maßgeblichen Einfluss auf die Gesundheit des Menschen.5

Welche Risiken birgt die Stuhltransplantation?

Je nachdem, ob die Stuhlspende über eine Darmspiegelung oder eine Nasensonde in den Körper der erkrankten Person gelangt, gibt es unterschiedliche Risiken. Darüber hinaus besteht immer das Risiko, dass Infektionserreger übertragen werden oder

  • der Stuhl eine Immunreaktion auslöst,
  • den Stoffwechsel negativ beeinflusst oder
  • sich durch aktivierte Zellteilung ein Tumor bildet.

Auch besteht das Risiko, dass multiresistente Erreger, die nur schwer auf eine Behandlung mit Antibiotika ansprechen, über den gespendeten Stuhl in den erkrankten Darm gelangen.1

Die Stuhltransplantation ist noch nicht ausreichend erforscht. Allerdings scheint sie das Potenzial zu haben, manchen betroffenen Menschen eine Ruhepause zu verschaffen, wenn sie dazu bereit sind, diese selbst zu finanzieren.

 

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Referenzen

  1. Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte. Fäkale Mikrobiota-Transplantation (FMT, Stuhltransplantation): Risiko für die Übertragung von multiresistenten Erregern. https://www.bfarm.de/SharedDocs/Risikoinformationen/Pharmakovigilanz/DE/RI/2019/RI-FMT.html Stand: 26.06.2023, Abgerufen: 07.05.2024
  2. Gelbe Liste. Pharmaindex. Stuhltransplantation und anti-inflammatorische Ernährung bei Colitis ulcerosa erfolgreich https://www.gelbe-liste.de/gastroenterologie/stuhltransplantation-anti-inflammatorische-ernaehrung-cu Stand 30.01.2023, Abgerufen: 07.05.2024
  3. science media center germany. Evidenz zu Fäkaltransplantation bei Darmerkrankungen. https://www.sciencemediacenter.de/alle-angebote/research-in-context/details/news/evidenz-zu-faekaltransplantation-bei-darmerkrankungen/ Stand 25.04.2023, Abgerufen: 07.05.2024
  4. Online. Stuhltransplantation gegen chronische Darmentzündungen – Eine Übersicht über die derzeitige Datenlage https://www.medwiss.de/2023/04/24/stuhltransplantation-gegen-chronische-darmentzuendungen-eine-uebersicht-ueber-die-derzeitige-datenlage/?krankheitsbild=darmentzuendung Stand 24.04.2023, Abgerufen: 07.05.2024
  5. Das Gastroenterologieportal.de. Stuhltransplantation https://dasgastroenterologieportal.de/krankheiten/darm/stuhltransplantation/#verlauf Stand 01.07.2023, Abgerufen: 07.05.2024Abgerufen: 07.05.2024
  6. Uebel U. Antiinflammatorische Ernährung. Uro-News. 2021;25(9):40–3. German. doi: 10.1007/s00092-021-4657-4. Epub 2021 Sep 10.

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