Diabetische Retinopathie

Diabetische Retinopathie

Menschen mit Diabetes können Komplikationen wie die diabetische Retinopathie entwickeln. Bei dieser Augenerkrankung ist die Netzhaut (Retina), die für das Sehen wesentlichen lichtempfindlichen Sensoren, verarbeitende Nervenzellen und versorgende Blutgefäße im Auge enthält, betroffen. Die Retinopathie zeigt sich zu Beginn für den untersuchenden Augenarzt als winzige Blutgefäß-Ausbuchtungen, sogenannte Mikroaneurysmen. Es kann aber auch zu vereinzelten oder vermehrten Blutungen im Auge kommen, durch die auch die lichtempfindlichen Schichten der Retina beschädigt werden. Für Betroffene äußern sich solche Schäden als plötzliche Verschlechterungen der Sehkraft und können auch zu Leseschwierigkeiten oder Störungen beim Farbensehen führen.

Wen betrifft diabetische Retinopathie?

Welche Menschen mit Diabetes häufiger von der diabetischen Retinopathie betroffen sind, untersuchten Forscher in einer rückblickenden Analyse ambulant behandelter Patienten mit Typ-2-Diabetes. Dabei wurden 17 461 Arzttermine mit 4 513 Patienten zwischen 1987 und 2014 betrachtet. Bei der Hälfte der Patienten (50,3 %, n = 2272) lag mindestens eine Funduskopie-Untersuchung vor. Bei dieser Untersuchung, für die die Pupille medikamentös erweitert werden muss, schaut der Augenarzt mit einer speziellen Apparatur den Augenhintergrund mit der Retina an.

In der derart untersuchten Patientengruppe wurde bei 25,8 % eine Retinopathie festgestellt. Die Häufigkeit stieg allerdings mit der Dauer der Diabeteserkrankung an. Innerhalb der ersten 10 Jahre des Diabetes schien die Retinopathie seltener aufzutreten und weniger aggressiv zu sein. Bei gut kontrolliertem Blutzucker und ohne Anzeichen für eine Retinopathie, schlossen die Forscher, kann es in den ersten Jahren mit Typ-2-Diabetes demnach genügen, alle zwei Jahre eine augenärztliche Kontrolle durchzuführen.1

Risikofaktoren für diabetische Retinopathie 

Bei einer solchen Planung der Vorsorgeuntersuchungen sollten allerdings auch eventuelle Risikofaktoren für einen Retinopathie berücksichtigt werden. Eine Literaturübersicht über 73 Studien, davon 19 Studien mit Patienten mit Typ-1-Diabetes, 56 Studien mit Patienten mit Typ-2-Diabetes, zeigte, dass vor allem bei Typ-1-Diabetes Rauchen als Risikofaktor für die diabetische Retinopathie angesehen werden kann.2

In einer Studien-Analyse zur diabetischen Retinopathie bei Typ-2-Diabetes bestimmten Wissenschaftler, wie gut Präventionsmaßnahmen mit Fokus auf veränderbare Risikofaktoren funktionieren. Als wichtige Faktoren, auf die Patienten und Behandler Einfluss nehmen können, identifizierten die Forscher:

  • Blutzucker
  • Blutdruck
  • Blutfette
  • Ernährung
  • Bewegung
  • Raucher

In 22 Studien mit 22 511 Patienten reduzierten die Interventionen mit Schwerpunkt der verschiedenen Risikofaktoren das Risiko für eine diabetische Retinopathie um 40 % (Odds Ratio = 0,60). Ähnlich deutlich halfen demnach Verbesserungen der Blutwerte und des Lebensstils, einer Verschlechterung der Retinopathie vorzubeugen. Effektiver waren, so die Forscher, Interventionen, die an verschiedenen Punkten gleichzeitig ansetzten. Die Verschlechterung der diabetischen Retinopathie wurde demnach auch durch die Blutdruckkontrolle allein verlangsamt. Wichtig war auch, dass Patienten die neuen Strategien langfristig beibehielten.3

Die Deutsche Diabetes Gesellschaft zählt zudem Nierenschäden und starke Hormonumstellungen, etwa in der Pubertät oder Schwangerschaft, als weitere Risikofaktoren auf und sieht besonders Männer als häufiger gefährdet an.4

Schutzfaktoren: Stabiler Diabetes, Prävention und regelmäßige Kontrolle

Die diabetische Retinopathie, die die Netzhaut des Auges schädigen und somit das Sehvermögen einschränken kann, ist also in den ersten Jahren einer Diabetes-Erkrankung seltener als nach langjähriger Erkrankung. Erste Anzeichen für eine Retinopathie kann es jedoch auch bereits bei der Diabetes-Diagnose geben. Die Praxisempfehlungen der Deutschen Diabetes Gesellschaft sehen vor, daß ohne Anzeichen einer Retinopathie und ohne allgemeine Risikofaktoren der Augenhintergrund durch den Facharzt alle 2 Jahre überprüft werden sollte. Bei bestehenden Risikofaktoren, wie beispielsweise schlecht eingestelltem Blutdruck, starker Hormonumstellung oder langjähriger Diabeteserkrankung sind dagegen jährliche Kontrollen sinnvoll. Wurde bereits eine Retinopathie festgestellt, entscheidet der Augenarzt je nach Schweregrad, wie häufig kontrolliert werden sollte.4

Ob bereits diagnostizierte Retinopathie oder nicht: Die Forschung zeigt, dass es sich zusätzlich zur regelmäßigen Augenkontrolle lohnen kann, veränderbare Risikofaktoren aktiv, beispielsweise durch Rauchstopp, Ernährungsumstellung und mehr Bewegung, beispielweise durch eine neue sportliche Betätigung, anzugehen und so Risiko und Verlauf der Augenerkrankung positiv zu beeinflussen.

Wichtig:
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Referenzen
1. Voigt M, Schmidt S, Lehmann T, Köhler B, Kloos C, Voigt UA, Meller D, Wolf G, Müller UA, Müller N. Prevalence and Progression Rate of Diabetic Retinopathy in Type 2 Diabetes Patients in Correlation with the Duration of Diabetes. Exp Clin Endocrinol Diabetes. 2018 Sep;126(9):570-576. doi: 10.1055/s-0043-120570. Epub 2017 Nov 28. PMID: 29183104. https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/29183104/

2. Cai X, Chen Y, Yang W, Gao X, Han X, Ji L. The association of smoking and risk of diabetic retinopathy in patients with type 1 and type 2 diabetes: a meta-analysis. Endocrine. 2018 Nov;62(2):299-306. doi: 10.1007/s12020-018-1697-y. Epub 2018 Aug 20. PMID: 30128962. https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/30128962/
3. Yusufu M, Zhang X, Sun X, Raat H, Wang N. How to perform better intervention to prevent and control diabetic retinopathy among patients with type 2 diabetes: A meta-analysis of randomized controlled trials. Diabetes Res Clin Pract. 2019 Oct;156:107834. doi: 10.1016/j.diabres.2019.107834. Epub 2019 Sep 21. PMID: 31550487. https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/31550487/
4. Diabetologie 2020; 15 (Suppl 1): S175–S180. DOI:10.1055/a-1194-1638

 

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