Kann Daumenlutschen Babys gefährlich werden?

Kann Daumenlutschen Babys gefährlich werden?

Fangen wir mit einer Zahl an, die das Daumenlutschen in ein Verhältnis setzt: Ca. 80% aller Neugeborenen beginnen in den ersten drei Lebensmonaten selbstständig mit dem Daumenlutschen. Es ist ein Instinkt, der auf den natürlichen Saugreflex zurückzuführen ist, dem Föten bereits im Mutterleib nachgehen. Zudem haben Babys und Kleinkinder scheinbar Spaß daran und es entspannt sie. Trotzdem gibt es Anzeichen, die für ein ungesundes oder gar schädliches Daumenlutschverhalten sprechen können.

Normales vs. ungesundes Daumenlutschverhalten.

Wie erwähnt, kann Daumenlutschen Babys oder Kleinkinder beruhigen und ist zuerst einmal komplett unbedenklich. Selbst bei drei- bis vierjährigen Kindern ist gelegentliches Daumenlutschen absolut unproblematisch. Zudem verschwindet es in der Regel ebenso intuitiv, wie es gekommen ist.

Man geht davon aus, dass Kinder im Laufe der Zeit neue Mechanismen entwickeln, um sich zu beruhigen. Auch der soziale Umgang mit gleichaltrigen Kindern sorgt dafür, dass das Daumenlutschen immer mehr in den Hintergrund rutscht.

Als ungesund oder problematisch wird Daumenlutschen betrachtet, wenn es beispielsweise weit über das vierte Lebensjahr hinaus regelmäßig stattfindet. Daher sollten Sie bei Ihrem Kind auf folgende Warnsignale achten:

Alter: Ihr Kind ist weit älter als vier Jahre und lutscht noch regelmäßig am Daumen.

Häufigkeit: Ihr Kind lutscht ständig und nicht nur zur Entspannung am Daumen.

Situation: Ihr Kind flüchtet sich bei unangenehmen Situationen oder Gesprächen ins Daumenlutschen.

Veränderungen: Ihr Kind fängt nach einem Abklingen des Daumenlutschens wieder verstärkt damit an.

Während die Anzeichen für auffälliges Daumenlutschen von außen sichtbar sind, ist es mit den Ursachen schwieriger. Der Wunsch nach einer Fluchtmöglichkeit, zurück in die kindliche Geborgenheit, kann auf emotionale Defizite zurückzuführen sein. Hervorgerufen werden können sie etwa bei belastenden Familiensituationen, dem Verlassen eines gewohnten Umfelds durch einen Umzug oder aber durch eine zu frühe Entwöhnung, die kompensiert wird.

Wenn Sie sich also fragen, ob das Daumenlutschverhalten Ihres Kindes schon ungesund ist, sollten Sie die Warnsignale im Blick halten. Im Zweifel versuchen Sie herauszufinden, ob beispielsweise eine bedeutende Veränderung im Leben Ihres Kindes stattgefunden hat.

Die Folgen von Daumenlutschen bei Babys

Bei psychischen Ursachen ist das Lutschen selbst bereits eine der ungewünschten Folgen. Hinzu kommen physische Auswirkungen, die es zu verhindern gilt. Denn übermäßiges Daumenlutschen kann maßgeblich die Entwicklung von Kiefer und Zähnen beeinflussen. Der kontinuierliche Zug nach vorne und der Druck auf den Gaumen können sich auf Kiefer und Zähne auswirken und …

… den Oberkiefer spitz und schmal nach vorne drücken.

… Schiefstand der Schneidezähne erzeugen.

… zum kontaktlosen Aufbeißen führen (auch „offener Biss“ genannt).

 

Weitere Probleme können durch den ständig feuchten Daumen und das Schlucken von Luft auftreten. Die Folgen sind hierbei …

… Nagelinfektionen durch angegriffene Hautpartien.

… Bauchschmerzen und Blähungen.

Daumenlutschen abgewöhnen – Das können Sie unternehmen!

Jedes Kind ist einzigartig und es gibt nicht den einen Königsweg. Daher ist es wichtig einen individuellen Weg zu finden. Einige Ansätze fokussieren dabei mehr die psychischen Ursachen, andere die physischen Muster.

Wichtig ist es in jedem Fall, dass Sie geduldig und behutsam an die Sache herangehen. Was Kindern über Jahre hinweg Sicherheit gegeben hat, können oder wollen sie oft nicht ohne Weiteres aufgeben.

Autonomie fördern

Alles, was das Selbstvertrauen eines Kindes steigert, kann sich positiv auf das Daumenlutschverhalten auswirken. Fühlt sich ein Kind von Grund auf sicher und wohl – in seinem Körper, seiner Familie oder seinem erweiterten sozialen Umfeld – benötigt es das Daumenlutschen weniger häufig als Kompensation.

Neu erworbene Fähigkeiten, wie Fahrradfahren oder Schuhe binden, übernommene Verantwortung, wie kleine Aufgaben im Haushalt, das Behaupten in einer Gruppe und nicht zuletzt regelmäßiges Lob – all das trägt dazu bei, dass ihr Kind an Sicherheit gewinnt und sein Selbstwertgefühl steigt.

Muster durchbrechen

„Nimm mal bitte den Daumen aus dem Mund, ich möchte dich drücken.“ Mit diesem einfachen Satz lässt sich ein Daumenlutschmuster in manchen Fällen bereits durchbrechen. Es geht darum, der Stimmung des Kindes entsprechend zu reagieren und ihm eine Alternative zur Flucht ins Daumenlutschen anzubieten. Ablenkung mit einer Beschäftigung beispielsweise, die dem Kind Spaß macht und bei dem es beide Hände benötigt.

Belohnungen

Wer das Thema Daumenlutschen offen mit seinem Kind bespricht, kann ihm Belohnungen fürs Nicht-Lutschen in Aussicht stellen. Ein Zirkus- oder Freibadbesuch können dabei ebenso attraktiv sein, wie ein schöner Moment, in dem das Kind Mama und/oder Papa ganz für sich allein hat.

Schnuller statt Daumen?

Zum Thema „Schnuller“ gibt es unterschiedliche Meinungen. Fest steht, dass Schnuller physische Beeinträchtigungen, weniger begünstigt. Zudem lässt sich mit einem Schnuller anders umgehen. Er kann als Zwischenschritt und zur Entkopplung vom Daumen dienen. Außerdem kann er – anders als ein Daumen – irgendwann verschwinden.

Keine Strafen!

Daumenlutschen sollte nie bestraft werden. Damit setzen Sie Ihr Kind nur zusätzlich unter Druck. Im schlimmsten Fall führt das zum Gegenteil des gewünschten Effekts. Auch Handschuhe, Essig oder Tinkturen sind ein radikales und pädagogisch umstrittenes Thema. Mindestens aber sollte ein Kind mit einer solchen Maßnahme einverstanden sein.

Kinderarzt

Im Zweifel oder bei schwierigen Fällen, kann die objektive Sicht eines Arztes dabei helfen, das Verhalten eines Kindes einzuschätzen und Tipps zu geben.

Kommentare