Kann eine Substanz im Speichel von Zecken HIV-Patienten helfen?
Zecken haben allgemein ein schlechtes Image: Sie saugen unser Blut und können dabei gefährliche Krankheiten übertragen, wie die Lyme-Borreliose und die Hirnhautentzündung FSME (Frühsommer Meningo-Enzephalitis). Doch vor kurzem haben Wissenschaftler der University of Pittsburgh eine überraschend nützliche Substanz im Speichel der Zecken gefunden: Mit ihrer Hilfe lassen sich möglicherweise Herzerkrankungen eindämmen, die bei Patienten, die mit HIV infiziert sind, häufiger vorkommen.
Das Risiko, einen Herzinfarkt oder Schlaganfall zu erleiden, ist bei HIV-positiven Patienten fast doppelt so hoch wie das in der Allgemeinbevölkerung. Das gilt sogar für solche Patienten, bei denen aufgrund der antiviralen Behandlung die Erkrankung gut kontrolliert und gar kein HI-Virus im Blut nachweisbar ist. Trotz erfolgreicher Behandlung haben also HIV-infizierte Patienten ein erhöhtes Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen und andere Begleiterkrankungen. Man vermutet, dass chronische Entzündungen dafür verantwortlich sind, und zwar eine Vermehrung bestimmter Immunzellen. Diese Zellen produzieren ein Protein, das die Blutgerinnung fördert und Entzündungsprozesse auslöst, selbst, wenn das HI-Virus im Blut gar nicht mehr nachweisbar ist.
Hier kommen nun die Zecken ins Spiel. Wenn Zecken ihr Opfer anstechen, geben sie – wie Mücken, Blutegel und andere Blutsauger auch – mit ihrem Speichel Substanzen in die Wunde ab, die die Blutgerinnung hemmen. Im Speichel von Zecken fanden die Forscher tatsächlich ein kleines Molekül, das eine sehr interessante Eigenschaft hat. Es blockiert die Aktivität des Proteins, das bei HIV-Patienten von den vermehrt gebildeten Immunzellen produziert wird. Wie die Wissenschaftler herausfanden, kann eine synthetische Version dieses Proteins (mit dem Namen Ixolaris) tatsächlich verhindern, dass sich im Blut von HIV-Patienten vermehrt Entzündungsherde und Blutgerinnsel bilden. Ixolaris könnte demnach vielleicht das Risiko für Herzinfarkt, Schlaganfall oder andere Begleiterkrankungen der HIV-Infektion senken.
Um die Wirksamkeit am Menschen, sowie mögliche Neben- und Wechselwirkungen von Ixolaris zu untersuchen, sind noch weitere Studien nötig. Wenn diese erfolgreich sind, könnte Ixolaris die Lebensqualität, Gesundheit und Lebenserwartung von Patienten mit HIV-Infektion erheblich verbessern. Die amerikanische National Institute of Health (NIH) besitzt das Patent für Ixolaris und plant die Substanz auch bei weiteren Erkrankungen zu testen, die mit Entzündungen und Blutgerinnseln verbunden sind, denn Ixolaris hat das Potential, auch anderen Patienten helfen zu können.
Science Translational Medicine
ME Schechter, BB Andrade, T He et al. Inflammatory Monocytes Expressing Tissue Factor Drive SIV and HIV-Coagulopathy. Science Translational Medicine 30 Aug 2017: Vol. 9, Issue 405, eaam5441 DOI: 10.1126/scitranslmed.aam5441
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