Regelmäßiges Putzen ist fast so schädlich wie Rauchen

Regelmäßiges Putzen ist fast so schädlich wie Rauchen

Frauen, die mindestens einmal pro Woche im Haushalt mit chemischen Reinigungsmitteln putzen, können dadurch im Laufe der Zeit ihre Lunge beinahe so schädigen wie Frauen, die 20 Jahre lang jeden Tag eine Packung Zigaretten rauchen. Das ist das überraschende Ergebnis einer internationalen Studie, die über 20 Jahre lief und letztes Jahr veröffentlicht wurde. Im Verdacht stehen vor allem Reinigungssprays.

Die Studie der Universität Bergen (Details siehe Box) zeigte einen statistisch signifikanten Zusammenhang zwischen der Verwendung von Reinigungsmitteln und der Abnahme der Lungenfunktion. Frauen, die mindestens einmal wöchentlich zuhause Reinigungsmittel wie zum Beispiel Reinigungssprays verwendeten, zeigten einen deutlich schnelleren Rückgang der Lungenfunktion (FVC und FEV1, siehe Box) im Vergleich zu Frauen die nicht regelmäßig selbst putzten. Noch schneller war der Rückgang bei Frauen, die als professionelle Reinigungskräfte tätig waren. Die negative Wirkung von Reinigungsmitteln auf die Lungenfunktion, so die Autoren, war für Frauen, die eine reinigende Tätigkeit ausübten, nur “etwas geringer”, als wenn sie 20 Jahre lang jeden Tag eine Packung Zigaretten geraucht hätten. Dies deutet darauf hin, dass das Einatmen der Putzmitteldämpfe (Aerosole) ein Risiko für die langfristige Gesundheit der Atemwege darstellen können. Bei Männern war dieser Effekt nicht nachweisbar.

Die Studie ergab weiterhin, dass Asthma häufiger bei Frauen auftrat, die zu Hause (12,3 %) oder beruflich (13,7 %) mit Reinigungsmitteln arbeiteten, im Vergleich zu denjenigen, die das nicht regelmäßig taten (9,6 %).

Männer nicht betroffen

Erstaunlicherweise fand man keinen Zusammenhang zwischen Reinigungsaktivitäten bei Männern – entweder beruflich oder im häuslichen Umfeld – und einem beschleunigten Rückgang der Lungenfunktion. Auch wenn deutlich weniger Männer im häuslichen Bereich für die Reinigung zuständig oder beruflich in diesem Bereich tätig sind, ist diese Tätigkeit bei Männern nicht mit einem Rückgang der Lungenfunktion verbunden. Der Grund hierfür ist noch unbekannt. Vielleicht haben Männer einfach robustere Lungen – was durchaus vorstellbar ist – oder sie putzen doch nicht so oft oder so gründlich sauber, wie sie angeben; vielleicht können spätere Studien diese Frage klären.

Fazit und Konsequenzen

“Dieses Ausmaß an Lungenfunktionsstörungen überraschte uns zuerst”, so der Erstautor Øistein Svanes. Wenn man jedoch darüber nachdenkt, dann ist der Rückgang der Lungenfunktion wohl auf die Irritation zurückzuführen, die eingeatmete kleine Partikel von Reinigungsmitteln an den Schleimhäuten der Atemwege verursachen. Das führt dann im Laufe der Zeit zu dauerhaften Veränderungen der Atemwege und der Lunge. “Wir befürchten, dass diese Reinigungschemikalien die Atemwege Tag für Tag und Jahr für Jahr geringfügig schädigen und die mit dem Alter auftretende Abnahme der Lungenfunktion beschleunigen könnten,“ so Svanes.

Das bedeutet natürlich nicht, dass wir nicht putzen dürfen, aber wir müssen uns fragen, welche Chemikalien wir verwenden und wie sie sich auf unsere Gesundheit auswirken. Zukünftige Studien sollten die Arten von Chemikalien und Reinigungsmitteln untersuchen, die den größten Schaden anrichten. Insbesondere Reinigungssprays können zu einem erhöhten Risiko für Asthma beitragen, da hier vermehrt Partikel in der Luft schweben. „Die Partikelnebel der Sprays können nach der Reinigung stundenlang in der Luft bleiben, tief in die Lunge eindringen und dort Entzündungen auslösen und die Lunge altern lassen“, erklärt Svanes.

Generell empfiehlt es sich, die entsprechenden chemischen Reinigungsmittel und Reinigungssprays nur im Freien oder in gut belüfteten Räumen zu verwenden und das Einatmen dieser Mittel weitgehend zu vermeiden. In vielen Fällen ist auch eine Reinigung mit Mikrofasertüchern und Seifenlauge ausreichend.

Die Studie im Detail:

Øistein Svanes von der Universität von Bergen, Norwegen, und seine Mitautoren untersuchten mehr als 6.235 Teilnehmer aus der Erhebung über Atemwegserkrankungen der Europäischen Gemeinschaft. 22 Gesundheitszentren in neun Ländern Westeuropas führten im Lauf von 20 Jahren Lungenfunktionstests durch und befragten die Studienteilnehmer nach Ihren Lebensgewohnheiten.

Die Probanden waren bei Beginn durchschnittlich 34 Jahre alt. 3300 (53 %) von ihnen waren weiblich. 85 % der Frauen gaben an, zu Hause regelmäßig mindestens einmal pro Woche zu putzen, bei den Männern lag dieser Anteil bei 46 %. Professionell als Reinigungskraft tätig waren 8,9 % der Frauen und 1,9 % der Männer.

Durchschnittlicher Rückgang der:                            FEV1 / Jahr                     FVC /Jahr

Weibliche berufliche Reinigungskräfte                  22,4 ml                             15,9 ml

regelmäßig zu Hause putzend                                   22,1 ml                             13,1 ml

keine regelmäßigen Reinigungsaktivitäten          18,5 ml                             8,8 ml

Raucherinnen mit 20 Packungsjahren                    27,2 ml                             20,7 ml

(Ab einem Alter von 35 ist ein gewisser Rückgang beider Werte normal.)

Lungenfunktionswerte

In der Studie wurden zwei Messungen zur Beurteilung der Lungenfunktion durchgeführt:
FEV1: Einsekundenkapazität: Dies ist die Luftmenge, die eine Person innerhalb der ersten Sekunde rasch unter größter Anstrengung ausatmen kann.
FVC: forcierte Vitalkapazität: Dies ist das Lungenvolumen, das nach maximaler Einatmung mit maximaler Geschwindigkeit (forciert) ausgeatmet werden kann.

Quellen:
Svanes O et al.: Cleaning at home and at work in relation to lung function decline and airway obstruction. Am J Respir Crit Care Med. 2018;197:1157-1163.
https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/29451393
https://www.mdedge.com/chestphysician/article/159174/pulmonology/house-cleaning-linked-lung-function-decline
https://www.reuters.com/article/us-health-lungs-cleaning-products/cleaning-products-tied-to-faster-lung-function-decline-in-women-idUSKBN1GH305
http://www.sci-news.com/medicine/lung-function-women-cleaning-products-05734.html
https://www.uib.no/en/news/115228/household-cleaning-can-be-bad-smoking-lung-function

 

 

Kommentare