Auch wenn eine CED-Diagnose im Alter zunächst überraschend erscheinen mag: Sie ist keineswegs ungewöhnlich. Etwa 10 bis 15 Prozent der Menschen mit CED erhalten ihre Diagnose erst nach dem 60. Lebensjahr. Unter anderem weil sich die Symptome im fortgeschrittenen Alter von denen jüngerer Menschen unterscheiden, wird die Erkrankung oft nicht sofort erkannt. In den meisten Fällen wird CED bis zum 30. Lebensjahr diagnostiziert, so dass sich die Diagnosestellung ab 60 um mehrere Jahre verzögern kann.1,2,3
CED verläuft bei älteren Menschen oft anders als bei Jüngeren. Die Symptome sind meist weniger ausgeprägt und können dadurch leicht mit anderen Altersbeschwerden verwechselt werden. Typische Beschwerden wie Durchfälle, Bauchschmerzen oder Gewichtsverlust treten mitunter milder auf oder werden anderen Ursachen zugeschrieben.
Zudem unterscheiden sich auch die betroffenen Darmabschnitte: Bei älteren Personen zeigt sich Morbus Crohn (MC) häufiger im Dickdarm als im restlichen Verdauungstrakt, während Colitis ulcerosa (CU) mehr von der Körpermitte entfernt (distal) auftritt. Außerdem nimmt CU im fortgeschrittenen Alter im Anfangsstadium oft einen schleichenden Verlauf, was die Diagnosestellung zusätzlich erschwert.1,2,3
Andere Erkrankungen, die ähnliche Symptome aufweisen wie CED sind beispielsweise:1,2,3
das Reizdarmsyndrom,
Infekte des Magen-Darmtrakts,
Nebenwirkungen von Medikamenten,
Tumoren und
Divertikulitis, bei der Darmausstülpungen der Darmwand (Divertikel) entzündet sind.
Diese und weitere mögliche Diagnosen müssen also ebenfalls ärztlich in Betracht gezogen oder ausgeschlossen werden, um sicherzugehen, dass es sich um eine CED handelt.1,2,3
Studien zeigen, dass die Diagnose bei Menschen über 60 im Durchschnitt deutlich später gestellt wird als bei Jüngeren. Das liegt unter anderem daran, dass die Symptome oft als altersbedingt oder als Ausdruck anderer Erkrankungen fehlinterpretiert werden. Hinzu kommt eine gewisse Zurückhaltung bei invasiven Untersuchungen wie der Darmspiegelung im höheren Alter – sowohl bei Erkrankten als auch bei Ärztinnen und Ärzten. Gerade bei Älteren müssen die entstehenden körperlichen Belastungen und Risiken solcher Diagnosemethoden gründlich mit ihrem Nutzen abgewogen werden.1,2,3
Viele ältere Menschen haben zudem bereits Vor- oder Begleiterkrankungen wie Bluthochdruck, Diabetes mellitus oder Herz-Kreislauf-Probleme. Diese Komorbiditäten erschweren oft die Diagnosestellung, da Beschwerden unspezifisch erscheinen oder als Folge bestehender Erkrankungen missverstanden werden. Hinzu kommt: Manche Medikamente, die bei CED typischerweise eingesetzt werden, können Wechselwirkungen mit anderen Arzneimitteln haben, was eine sorgfältige individuelle Abwägung notwendig macht. Zum Beispiel ist das Risiko für Infektionen unter Einnahme von Medikamenten, die die normale Funktion des Immunsystems unterdrücken (Immunsuppressiva), im Alter mitunter höher.1,2,3
Diese Faktoren führen dazu, dass es vom Auftreten erster Beschwerden bis zur endgültigen Diagnose oft Monate bis Jahre dauern kann – mit möglichen Folgen für den Krankheitsverlauf und die Lebensqualität.1,2,3
Grundsätzlich stehen älteren Menschen dieselben medikamentösen und nicht-medikamentösen Therapien zur Verfügung wie jüngeren. Dazu gehören entzündungshemmende Medikamente wie:1,2,3
Kortikosteroide
Immunsuppressiva
Biologika (Antikörper, welche gezielt Entzündungsprozesse hemmen)
Allerdings ist eine altersgerechte, individuelle Therapie besonders wichtig bei CED ab 60 Jahren. So müssen mögliche Nebenwirkungen und Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten sorgfältig abgewogen werden. Auch der allgemeine Gesundheitszustand, die Mobilität und die Lebenssituation spielen eine wichtige Rolle bei der Wahl der Therapie. Diese sollte zunächst möglichst schonend sein. In bestimmten Situationen, etwa bei schweren Verläufen oder wenn herkömmliche Therapien versagen, können beispielsweise Biologika auch im Alter wirksam und sicher eingesetzt werden, sofern im Behandlungsverlauf regelmäßig ärztliche Kontrollen stattfinden.1,2,3
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Referenzen
Thieme Natürlich Medizin. Diagnosefindung dauert bei über 60-Jährigen oft länger. Stand: 26.05.2024 https://natuerlich.thieme.de/aktuelles/nachrichten/detail/diagnosefindung-dauert-bei-ueber-60-jaehrigen-oft-laenger-3348 Abruf: 30.05.2025
ÄrzteZeitung. Morbus Crohn und Colitis ulcerosa: Erstdiagnose im Seniorenalter. Stand: 04.07.2024 https://www.aerztezeitung.de/Medizin/Crohn-und-Colitis-ulcerosa-Erstdiagnose-im-Seniorenalter-450703.html Abruf: 30.05.2025
Biermann Medizin. CED: Diagnosestellung dauert bei Betroffenen ab dem 60. Lebensjahr länger. Stand 17.05.2024 https://biermann-medizin.de/ced-diagnosestellung-dauert-bei-betroffenen-ab-dem-60-lebensjahr-laenger/ Abruf: 30.05.2025
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