Zelltod bei COPD – Was geschieht da?

Zelltod bei COPD – Was geschieht da?

COPD, die chronisch obstruktive pulmonare Erkrankung, die meist nach langjährigem Zigarettenkonsum folgt, ist vor allem für Husten und Atemschwierigkeiten bekannt. Die chronischen Entzündungsprozesse in den Atemwegen führen zu einem Verlust von Lungengewebe und dem zunehmenden Abbau der Lungenfunktion. Hinter diesen fortschreitenden Problemen steht ein Zellsterben in der Lunge. Normalerweise gelten sogenannten Nekrosen, wie der Zelltod durch äußere Einflüsse genannt wird, als unkontrollierte, vom Körper nicht regulierte Abläufe. Inzwischen haben aber Forscher herausgefunden, dass durch äußere Gifte entzündliche Prozesse in der Lunge angestoßen werden. In der Folge bewirken unser Immunsystem und die geschädigten Zellen selbst ein kontrolliertes Zellsterben..

Zelltod bei COPD: Nekroptose und Ferroptose

Im Fokus der Forschung stehen aktuell besonders zwei Wege, auf denen ein solch kontrollierter Zelltod, die sogenannte regulierte Nekrose, in der Lunge erfolgen kann:

  • Nekroptose
  • Ferroptose

Bei der Nekroptose wird der Prozess zum Zellsterben gezielt im Körper angestoßen. Wesentlich beteiligt sind dabei zwei Eiweißstoffe (RIPK3, kurz von receptor-interacting protein kinase 3, auch RIP-3 genannt, und MLKL, kurz von mixed lineage kinase domain-like protein). Das besondere bei der Nektroptose ist, dass sich die Zelle, die diesen Prozess beginnt, selbst verdaut. Die Ferroptose, benannt nach dem lateinischen Wort für Eisen, ist eine andere Form der regulierten Nekrose, bei der in einem Eisen-abhängigen Prozess reaktive Substanzen gebildet werden, die die Zellmembranen angreifen und darin enthaltene Fette ebenfalls zu aggressiven, zellschädigenden Substanzen umbilden. Welcher dieser beiden Prozesse abläuft, hängt von der Art der Lungenerkrankung, dem Zelltyp und der direkten Zellumgebung ab.1

Zelltod als mögliches Behandlungsziel

Zigarettenrauch fördert die Entzündungsprozesse (Inflammation) in der Lunge, bei der besonders die Immunzellen Makrophagen eine Rolle spielen. Diese auch als „Fresszellen“ des Körpers bezeichneten Zellen galten lange als wesentlich beteiligt am Krankheitsprozess der COPD. Aber auch die Nekroptose ist eng mit Inflammation verbunden. Untersuchungen in experimentellen COPD-Modellen, in Mäusen, zeigte, dass sich Nekroptose durch Zigarettenrauch auslösen lässt. Auch in der Lunge von COPD-Patienten war dieser regulierte Zelltod verstärkt nachzuweisen. Durch den Rauch vergiftete Zellen zerstören sich demnach selbst.

Forscher testeten im COPD-Modell, ob durch eine Hemmung der Nekroptose die durch Zigarettenrauch ausgelösten Entzündungsprozesse abgemildert werden konnten. Tatsächlich ließen sich so verschiedene typische Veränderungen im Lungengewebe eindämmen. Den Nekroptose-Prozess gezielt zu verhindern, könnte somit auch eine mögliche Behandlungsstrategie bei der COPD sein.2

Entzündungshemmende Wirkstoffe als Hoffnung bei COPD

Als mögliche Behandlungsansätze werden allerdings nicht nur konkret Zelltod-hemmende Wege untersucht, sondern auch verschiedene Wirkstoffe, die auf die Zellalterung und dabei vor allem antiinflammatorisch wirken. Die Entzündungshemmung soll auch dem regulierten Zelltod vorbeugen. Folgende Substanzen werden aktuell aktiv erforscht:

  • Resveratrol: Anti-inflammatorische Substanz aus Weintrauben
  • Metformin: Diabetesmedikament, das in Beobachtungsstudien als vorteilhaft bei Patienten mit sowohl Diabetes als auch COPD gesehen wurde
  • Melatonin (ein vom Körper gebildetes Hormon): Antioxidativ, antiinflammatorisch
  • Klotho (ein sogenanntes Proteohormon, ein Hormon mit Eiweiß-Struktur, wird vor allem in den Nieren gebildet): Antioxidativ, antiinflammatorisch und antiproliferativ (vermindert die Zellteilung)

Darüber hinaus werden auch Wirkstoffe, die hemmend auf die körpereigenen Interleukine IL-5 und IL-6 wirken, untersucht. IL-5 ist wichtig bei der Regulierung bestimmter Immunzellen, der Eosinophile. Diese spielen eine kritische Rolle bei der Entwicklung allergischer Erkrankungen und bei Asthma. Auch IL-6 wurde bereits als möglicherweise kritischer Faktor in der Entwicklung der COPD gefunden. Hemmer des IL-6-Rezeptors werden auch zur Behandlung anderer Erkrankungen mit chronischer Inflammation untersucht und stellen somit auch eine mögliche Behandlungsidee bei COPD dar. 3

Diese Strategien, von denen erhofft wird, dass sie die COPD wirkungsvoller als bisher behandeln könnten, werden derzeit erforscht und werden noch nicht als Behandlungen eingesetzt. Viele der Therapiekandidaten sind bereits für andere Erkrankungen eingesetzte Mittel, deren Sicherheit daher bereits etabliert ist. Ob sie allerdings auch bei COPD einen wirklichen Unterschied machen können, wird sich erst im Laufe der Forschung herausstellen.

Das bisherige Verständnis des Zelltods bei COPD zeigt allerdings, dass es in jedem Stadium dieser Lungenerkrankung wesentlich ist, weitere Trigger des Zellsterbens zu vermeiden. Dazu gehört besonders Zigarettenrauch, der auch bei sonst gesunder Lebensweise fortwährend das Lungengewebe schädigt und weiteres Zellsterben auslöst.

Referenzen
1. Minagawa S, Yoshida M, Araya J, Hara H, Imai H, Kuwano K. Regulated Necrosis in Pulmonary Disease. A Focus on Necroptosis and Ferroptosis. Am J Respir Cell Mol Biol. 2020 May;62(5):554-562. doi: 10.1165/rcmb.2019-0337TR. PMID: 32017592. https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/32017592/
2. Lu, Z. et al.: Necroptosis Signalling Promotes Inflammation, Airway Remodelling and Emphysema in COPD. In: American Journal of Respiratory and Critical Care Medicine, 15. Juni 2021. https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/34133911/
3. Easter M, Bollenbecker S, Barnes JW, Krick S. Targeting Aging Pathways in Chronic Obstructive Pulmonary Disease. Int J Mol Sci. 2020 Sep 21;21(18):6924. doi: 10.3390/ijms21186924. PMID: 32967225; PMCID: PMC7555616. https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/32967225/

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