Diabetische Ketoazidose – Stoffwechselentgleisung bei Insulinmangel

Diabetische Ketoazidose – Stoffwechselentgleisung bei Insulinmangel

Wenn Diabetespatienten Symptome wie Übelkeit, Erbrechen, Bauchschmerzen oder gar Schläfrigkeit verspüren, kann eine diabetische Ketoazidose dahinterstehen. Wir erklären, wodurch eine diabetische Ketoazidose ausgelöst werden kann, woran Sie eine Ketoazidose erkennen und wie diese Stoffwechselentgleisung verhindern werden kann.

Die diabetische Ketoazidose ist eine Stoffwechselentgleisung aufgrund eines ausgeprägten Insulinmangels. Fehlt Insulin, wird der Transport von Glukose in die Zelle gestört. Die Folge ist eine massive Hyperglykämie (Überzuckerung): Der Glukosespiegel im Blut steigt stark an. Durch den Mangel an Glukose in den Körperzellen beginnt der Körper, seinen Energiebedarf z.B. über den Abbau von Fetten zu decken. Bei der Verstoffwechselung von Fetten entstehen sogenannte Ketonkörper. Diese Ketonkörper führen zur Übersäuerung des Körpers, der sogenannten Ketoazidose.1

Die Ketoazidose stellt eine mögliche Komplikation vor allem des Typ-1-Diabetes, seltener auch bei Typ-2-Diabetes dar, die bei fehlender oder inkorrekter Therapie und zusätzlicher Erkrankung auftreten kann.

Ursachen der diabetischen Ketoazidose 

Die diabetische Ketoazidose tritt häufig in Situationen auf, bei denen der Insulinbedarf erhöht ist – d.h. die Körperzellen brauchen mehr Glukose zur Energiegewinnung, aber zu wenig Insulin ist vorhanden oder kann bewirken, dass Zucker in den Zellinnenraum gelangt.

Im Folgenden finden Sie eine Übersicht der häufigsten Gründe für Ketoazidosen

  • Nicht erkannter Typ-1-Diabetes
  • Unterbrechung einer laufenden Insulintherapie (mit oder ohne Pumpe)
  • Akute, schwere Erkrankungen (z.B. fieberhafte Infektionen, Entzündung der Bauchspeicheldrüse, Schilddrüsenüberfunktion oder ein Herzinfarkt)
  • Einnahme bestimmter Arzneimittel (z.B. Kortison, Medikamente zur Entwässerung, einige Diabetes-Medikamente z.B. SGLT-2-Inhibitoren)1

Das Risiko einer Ketoazidose ist bei Typ-2-Diabetes, verursacht durch  (Natrium-Glukose-Cotransporter-2-Inhibitoren), relativ gering.1 Dennoch kann es erhöht werden, wenn Situationen mit erhöhten Insulinbedarf, z.B. akute schwere Erkrankungen/ Operationen, Fastenperioden eintreten.1,3 Damit das Risiko für eine diabetische Ketoazidose unter SGLT2-Inhibitoren-Einnahme gering bleibt, können spezielle Schulungen , das Vermeiden von Fastenperioden, übermäßigem Alkoholkonsum und das rechtzeitige Pausieren dieser Medikamente während größerer Operationen oder akuter Erkrankungen bzw. Infektionen helfen.2,3

Wesentlich ist in jedem Fall, die Ketoazidose früh zu erkennen und die Stoffwechsellage möglichst schnell zu korrigieren.

Welche Symptome gehen mit einer diabetischen Ketoazidose einher? 

Die Symptome einer Ketoazidose sind leider nicht immer eindeutig. Besonders häufig sind Übelkeit, Erbrechen und Bauchschmerzen. Infolge des erhöhten Blutzuckerspiegels kommt es zudem zu einem Flüssigkeitsverlust, der sich durch Mundtrockenheit, starken Durst und eine erhöhte Urinausscheidung bemerkbar macht. Häufig macht sich eine vertiefte Atmung (sogenannte Kußmaul-Atmung) bemerkbar, wobei der Atemgeruch süßlicher erscheint. Bei einer leichten ketoazidotischen Stoffwechselentgleisung ist der Bewusstseinszustand meist noch nicht eingeschränkt. Bei einem mittleren Schweregrad tritt bereits eine Einschränkung des Bewusstseins (Schläfrigkeit) auf, schwere Ketoazidosen können mit einem Verlust des Bewusstseins einhergehen.2 Kontaktieren Sie im Zweifelsfall umgehend Ihren Arzt, Ihre Ärztin oder einen Rettungsdienst, denn eine fortschreitende Verschlechterung kann lebensbedrohlich sein!

Wie hoch ist der Blutzucker bei einer diabetischen Ketoazidose? 

Bei einer diabetischen Ketoazidose steigen die Blutzuckerwerte auf Werte von über 250 mg/dl (13,9 mmol/l). Eine einmalige Blutzuckermessung von mehr als 250 mg/dl (13,9 mmol/l) ohne entsprechende Begleitsymptome ist jedoch noch keine Ketoazidose. Erst bei einem andauernden, sehr hohen Blutzuckerspiegel in Verbindung mit einer Ketonurie (Ausscheidung von Ketonkörpern über den Urin) und entsprechenden Begleitsymptomen liegt eine Ketoazidose vor. ,3 Bei einer diabetischen Ketoazidose bei Typ-2-Diabetes in Zusammenhang mit SGL2-Inhibitoren kann der Blutzucker durch eine verstärkte Glukoseabgabe durch die Niere hingegen kaum erhöht oder gar normal sein. In dieser seltenen Situation zählen somit Begleitsymptome und Ketonkörperwerte.5

Ketone selbst messen 

Bei Blutzuckerwerten über 250 mg/dl (13,9 mmol/l) in Kombination mit entsprechenden Symptomen sollte neben einer Blutzuckermessung eine Messung von Ketonkörpern erfolgen. Diese kann sowohl im Urin als auch im Blut erfolgen. Es gibt spezielle Blutzuckermessgeräte, bei denen mit verschiedenen Teststreifen sowohl der Blutzucker als auch die Ketonkörper gemessen werden können. Eine Messung der Werte im Blut kann bereits früh Klarheit schaffen und schnelles Handeln ermöglichen.2 Die Messung mit Hilfe von Urinstreifen kann auch ohne ein entsprechendes Messgerät erfolgen, ist jedoch im Vergleich relativ ungenau.

Es wird dringend empfohlen, dass Patienten mit Typ-1-Diabetes über Teststreifen zur Messung der Ketonkörper im Blut oder Urin verfügen und im Umgang mit diesen sowie der Interpretation der Messwerte geschult sind.2,3

Ketonkörperwerte- Checkliste

  • Sind Teststreifen zur Messung von Ketonkörpern, im Urin oder Blut, vorhanden?
  • Besitze ich ein geeignetes Messgerät zur Messung von Ketonkörpern im Blut?
  • Wurde ich von meiner Arztpraxis/Apotheke bezüglich der Handhabung des Messgerätes/Teststreifens geschult?
  • Wissen auch meine Angehörigen, wie die Messung von Ketonkörpern funktioniert?
  • Weiß ich, was bei welchen Messwerten zu tun ist?
  • Bei welchen Messwerten und Symptomen muss der Notarzt gerufen werden?2

Sind Sie sich bei einem der genannten Punkte unsicher, sprechen Sie dazu Ihren Arzt/ Ihre Ärztin oder Diabetesberater/-beraterin gezielt an. Dabei können Sie auch einen Notfallplan aufstellen und klären, welche Maßnahmen Sie selbst zur Senkung der Ketonkörperwerte durchführen können und bei welchen Symptomen Sie bzw. Ihre Angehörigen den Notarzt/-ärztin rufen müssen.

Vorbeugung – Stoffwechsel im Gleichgewicht halten 

Ganz wichtig: Einer diabetischen Ketoazidose kann man ebenso vorbeugen wie auch anderen diabetesassoziierten Komplikationen. Der effektivste Schutz ist eine gute Stoffwechseleinstellung. Dazu gehört die (selbständige) Blutzuckermessung und die regelmäßige Messung des HbA1c-Wertes. Die Stoffwechselselbstkontrolle dient zum täglichen Selbstmanagement des Diabetes, aber auch zur Anpassung der Insulindosis in speziellen Situationen, beispielsweise beim Sport, auf Reisen oder in bei Krankheit oder Krankenhausaufenthalten. Dabei richtet sich die Häufigkeit der Messungen individuell nach Therapieform und aktueller Stoffwechselsituation:

  • Menschen mit Typ-1-Diabetes sollten mindestens 4-mal täglich (vor dem Essen und vor dem zu Bett gehen) eine Blutzuckermessung durchführen.
  • Blutzuckermessungen können in vielen, jedoch nicht in allen Fällen durch eine Messung im Unterhautfettgewebe (interstitielle Glukosemessung) vereinfacht werden.
  • Alle 3 Monate sollte der HbA1c-Wert bestimmt werden und die Blut- bzw. interstitielle Glukoseselbstmessungen mit dem Arzt/ der Ärztin besprochen werden2

Die diabetische Ketoazidose ist somit eine Komplikation des Diabetes, auf die man durch Schulung und Notfallplan vorbereitet sein sollte, aber der man auch durch eine gute Blutzuckerkontrolle effektiv vorbeugen kann.

Wichtig:
Hinweis: Um die hohe Qualität unserer Inhalte sicher zu stellen, wurde dieser Text von unserem ApothekerInnen-Team geprüft. Die bereitgestellten Inhalte dienen lediglich der Information und ersetzen keine medizinische Beratung oder Behandlung durch einen Arzt oder eine Ärztin. Die Texte sind nicht zur eigenständigen Diagnose und Beginn, Änderung oder Beendigung einer Behandlung von Krankheiten gedacht.

 

Referenzen

  1. DiabInfo. Überzuckerung (Hyperglykämie) und diabetische Ketoazidose. https://www.diabinfo.de/leben/behandlung/im-notfall/ueberzuckerung-und-ketoazidose.html Abgerufen am 05.04.2022
  2. Haak T, Gölz S et al. S3-Leitlinie Therapie des Typ-1-Diabetes. 2. Auflage. AWMF-Registernummer: 057-013 (2018). https://www.awmf.org/uploads/tx_szleitlinien/057-013l_S3-Therapie-Typ-1-Diabetes_2018-08.pdf
  3. Universum Innere Medizin. Diabetische Ketoazidose bei Erwachsenen. https://www.medmedia.at/univ-innere-medizin/diabetische-ketoazidose-bei-erwachsenen/ Abgerufen am 05.04.2022
  4. Colacci M, Fralick J, Odutayo A, Fralick M. Sodium-Glucose Cotransporter-2 Inhibitors and Risk of Diabetic Ketoacidosis Among Adults With Type 2 Diabetes: A Systematic Review and Meta-Analysis. Can J Diabetes. 2022 Feb;46(1):10-15.e2. doi: 10.1016/j.jcjd.2021.04.006. Epub 2021 Apr 28. PMID: 34116926. https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/34116926/
  5. Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft. Atypische diabetische Ketoazidosen im Zusammenhang mit SGLT-2-Hemmern. https://akdae.de/Arzneimittelsicherheit/Bekanntgaben/Archiv/2018/20180921.html Abgerufen am 05.04.2022
  6. https://www.netdoktor.de/krankheiten/diabetes-mellitus/diabetische-ketoazidose/
  7. https://www.awmf.org/uploads/tx_szleitlinien/057-017l_S2k_Diabetes_mellitus_im_Alter_2018-09.pdf

 

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