Hilft die bariatrische Chirurgie bei Diabetes mellitus?

Bariatrische Chirurgie ist der Begriff für die Behandlung von Übergewicht per Operation. Dabei wird mittels unterschiedlicher Methoden die Größe des Magens und somit auch die Menge der aufgenommenen Nahrung verringert. Dies hilft bei der Gewichtsabnahme und kann sogar bei der Behandlung von Diabetes mellitus Typ 2 (DMT2) helfen.1,2,3
Wie jeder medizinische Eingriff hat jedoch auch die bariatrische Chirurgie Nebenwirkungen und eignet sich nicht für alle Menschen mit Übergewicht oder Diabetes mellitus.
Die verschiedenen bariatrischen Operationsverfahren lassen sich grob in drei Gruppen einteilen:2
Magenband
Schlauchmagen/Magenverkleinerung
Magenbypass
Ein Magenband legt sich um den oberen Teil des Magens und kreiert einen kleineren Vormagen. Dieser füllt sich beim Essen schnell, was zu einem früheren Sättigungsgefühl führt. Beim Schlauchmagen verkleinert das chirurgische Team das Volumen des Magens, sodass dieser schlauchförmig wird und weniger Nahrung aufnehmen kann. Der Magenbypass kann verschiedene Formen haben. Dabei bildet das OP-Team einen kleinen Magensack, der dann direkt an den Dünndarm anschließt. So lässt sich ein großer Teil des Verdauungsapparates umgehen. Teilweise kommen auch mehrere Operationsverfahren hintereinander zum Einsatz.2
Die Operationen sind unterschiedlich effektiv, wenn es darum geht, das Körpergewicht zu reduzieren und DMT2 zu behandeln. Zusätzlich unterscheiden sie sich darin, wie komplex die Durchführung ist, welche Nebenwirkungen danach auftreten können und wie lange der Effekt anhält. Das Magenband ist die einfachste Möglichkeit, zeigt dafür aber langfristig nur sehr geringe Wirksamkeit, insbesondere bei der Behandlung von DMT2. Daherkommt es nur noch selten zum Einsatz.2
Die bariatrische Chirurgie eignet sich für Menschen2,4
mit sehr hohem Körpergewicht (Adipositas) und einem BMI von mehr als 35,
bei denen gleichzeitig Begleiterkrankungen wie DMT2 vorliegen oder
wenn keine Begleiterkrankungen vorliegen bei einem BMI von 40 oder höher.
Es gibt erste Hinweise darauf, dass besonders Menschen mit einem hohen Diabetes-Risiko positive Auswirkungen erleben, weshalb der Eingriff in Zukunft für diese bestimmte Gruppe empfohlen werden könnte.5
Wer einen bariatrischen Eingriff als Option in Betracht zieht, muss vorher allerdings andere Behandlungsmethoden ausgeschöpft haben. Das ist der Fall, wenn trotz konsequenter Diät, Bewegung und anderen Lebensstiländerungen sich auch nach sechs Monaten kein ausreichender Gewichtsverlust eingestellt hat. Wie hoch dieser Gewichtsverlust sein sollte, hängt vom ursprünglichen BMI ab. Doch auch bei erfolgreichem Gewichtsverlust kann eine Operation eine Option sein, wenn sich damit Begleiterkrankungen wie DMT2 weiter verbessern lassen.2,5
Unter den folgenden Umständen sollte kein bariatrischer Eingriff durchgeführt werden:2
unbehandelten Essstörungen, andere psychische oder Suchterkrankungen
schwere Vorerkrankungen
Infektionskrankheiten
vorliegende Schwangerschaft
Bei einem BMI von 60 kg/m² oder mehr sowie bei Menschen mit schweren Begleiterkrankungen müssen spezielle Zentren mit besonders viel Erfahrung die Operation durchführen. Ob sich eine bariatrische Operation für einen selbst eignet, lässt sich im ärztlichen Gespräch individuell klären.2
Je nach Art des Eingriffs und persönlichen Umständen kann es sein, dass Sie direkt nach dem Eingriff für mehrere Wochen auf feste Kost verzichten müssen und erst nach und nach wieder kleine Portionen fester Nahrung aufnehmen können. Nach der OP wichtig,6
einen zeitlichen Abstand zwischen Trinken und Mahlzeiten einzuhalten.
sich an bestimmte Ernährungsregeln zu halten (z. B. Lebensmittel mit wenig Fett und Zucker zu essen).
Alkohol gar nicht oder nur in Maßen zu trinken.
Da der Körper nach der Operation des Verdauungstrakts weniger Nährstoffe aufnimmt, kommt es leicht zu Mangelerscheinungen. Bestimmte Nährstoffe wie Eisen, Vitamin B1 oder Vitamin D sollten Sie daher nach der Operation dauerhaft in Form von Nahrungsergänzungsmitteln aufnehmen.2,6
Da nach dem Eingriff Durchfälle auftreten können, kann die Aufnahme bestimmter Medikamente (wie Verhütungsmittel) beeinträchtigt sein. Klären Sie dies am besten ärztlich ab. Regelmäßige Kontrollen der Blutwerte sollen dafür sorgen, dass ein Nährstoffmangel gar nicht erst auftritt.2
Studien zeigen, dass bariatrische Operationen bei Menschen mit DMT2 die Blutzuckerkontrolle nach fünf Jahren effektiv verbesserten und teils den Blutzuckerwert sogar auf normales Niveau bringen konnten.7
Eine langfristige Nachsorge und regelmäßige Kontrolle sind nicht nur wichtig, um Sie auf mögliche Nebenwirkungen oder Komplikationen der Operation zu untersuchen, sondern auch, um die Erfolgschancen des Eingriffs zu erhöhen. Nur wenn Sie zusätzlich zum Eingriff auch Lebensstil und Ernährung anpassen, ist es wahrscheinlich, den Blutzuckerspiegel zu senken, dauerhaft Gewicht zu verlieren und dieses zu halten. Ohne eine langfristige Lebensstilumstellung nehmen viele Menschen nach dem Eingriff zwar zunächst ab, erreichen nach wenigen Jahren aber wieder ihr Ausgangsgewicht.2,3
Ein starker Gewichtsverlust kann dazu führen, dass überschüssiges Hautgewebe zurückbleibt, was die eigene Körperwahrnehmung aber auch die Beweglichkeit einschränken kann. Teils kommt daher eine Entfernung dieses Gewebes durch Expertinnen und Experten für plastisch-ästhetische Chirurgie infrage.2,6
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Referenzen
Thaden S. Magenverkleinerung hat Einfluss auf Diabetes Typ 2. https://www.diepta.de/news/adipositas-op-magenverkleinerung-hat-einfluss-auf-diabetes-typ-2 Abgerufen: 11.09.2025
Patientenleitlinie der Deutschen Gesellschaft für Allgemein- und Viszeralchirurgie (DGAV). Chirurgie der Adipositas und metabolischer Erkrankungen. (Stand: April 2020) https://register.awmf.org/assets/guidelines/088-001p_S3_Chirurgie-Adipositas-metabolische-Erkrankugen_2020-06.pdf Abgerufen: 11.09.2025
S3-Leitlinie der Deutschen Adipositas-Gesellschaft (DAG) e. V. Prävention und Therapie der Adipositas. (Stand: Oktober 2024) https://register.awmf.org/assets/guidelines/050-001l_S3_Praevention-Therapie-Adipositas_2024-10.pdf Abgerufen: 11.09.2025
S3-Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Allgemein- und Viszeralchirurgie (DGAV). Chirurgie der Adipositas und metabolischer Erkrankungen. (Stand: Februar 2018, zurzeit in Überarbeitung) https://register.awmf.org/assets/guidelines/088-001l_S3_Chirurgie-Adipositas-metabolische-Erkrankugen_2018-02-abgelaufen.pdf Abgerufen: 11.09.2025
Deutsches Zentrum für Diabetesforschung. Bariatrische OP: Unterschiedlicher Nutzen bei Menschen mit erhöhtem Diabetes-Risiko. https://www.dzd-ev.de/aktuelles/news/news/article/bariatrische-op-unterschiedlicher-nutzen-bei-menschen-mit-erhoehtem-diabetes-risiko-1 Abgerufen: 11.09.2025
Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG). Operationen zur Behandlung von Adipositas. https://www.gesundheitsinformation.de/operationen-zur-behandlung-von-adipositas.html Abgerufen: 11.09.2025
Schauer PR et al. Bariatric Surgery versus Intensive Medical Therapy for Diabetes – 5-Year Outcomes. N Engl J Med. 2017;376(7):641-651. https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/28199805/ Abgerufen: 11.09.2025
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