Eine HIV-Infektion wird heutzutage typischerweise früh erkannt und in den meisten Fällen wirksam mit einer antiretroviralen Therapie, kurz ART, behandelt. Damit ist sie eine chronische Erkrankung, mit der man alt werden kann. Wenn infolge einer HIV-Infektion aber das Immunsystem geschwächt ist, können andere Krankheitserreger diese Chance für einen Angriff nutzen. Gegen manche der sogenannten opportunistischen Infektionen kann man sich allerdings gut schützen.
Der Parasit Toxoplasma gondii, Auslöser der Toxoplasmose, befällt besonders Katzen, nutzt aber auch Menschen, andere Säugetiere und auch Vögel als mögliche Zwischenwirte. Dieser Parasit kann in der normalen Gartenerde, aber auch in rohem Fleisch mancher Tiere zu finden sein. Meist können Sie der Toxoplasmose daher einfach mit Hilfe guter Hygiene aus dem Weg gehen. Häufig kann man ihn auch in der Katzentoilette finden. Wenn also eine Katze bei Ihnen lebt, ist Hygiene ein wesentliches Element, um sich vor einer Infektion zu schützen. Können Sie die Reinigung der Katzentoilette nicht an mögliche Mitbewohner abgeben, sollten Sie Einmalhandschuhe tragen, um eine Kontamination zu vermeiden.
Auch das Risiko einer Pilzinfektion mit dem Pilz Candida albicans, der Candidose, die meist Schleimhäute betrifft, können Sie selbst senken: Wechseln Sie häufig Ihre Zahnbürste. Etwaige Prothesen oder Zahnspangen sollten gründlich gereinigt werden. Mundspülungen mit desinfizierenden Mitteln können zusätzlich hilfreich sein.
Besonders bei weitverbreitet vorkommenden, den sogenannten ubiquitären Bakterien wie den Verursachern der atypischen Mykobakteriose, die in verschiedenen Tieren, in der Erde und in der Nahrung zu finden sind, ist es jedoch kaum möglich, sich vor einem Kontakt zu schützen. Die atypischen Mykobakterien sind verwandt mit dem Tuberkulose-verursachenden Mykobakterium tuberculosis und rufen häufig eine der Tuberkulose ähnelnde Lungenerkrankung hervor. Glücklicherweise wird die HIV-Infektion inzwischen häufig frühzeitig erkannt und effektiv behandelt, so dass Betroffene tatsächlich nur noch selten so durch das Virus geschwächt sind, dass sie auch an der atypischen Mykobakteriose erkranken.
Wenn Sie nicht “nur” HIV-positiv, sondern an AIDS erkrankt sind, können sich opportunistische Infektionen die Immunschwäche zunutze machen. Manche mit HIV infizierte Menschen werden tatsächlich erst durch solche Infektionen erkannt. Die Kombination aus Nachweis der HIV-Infektion und einer typischen Erkrankung definiert die Erkrankung AIDS. Typische AIDS-definierende Erkrankungen1 sind beispielsweise:
Pilzinfektion (Candidose), die Mundraum, Atemwege oder die Speiseröhre angreift
Cytomegalovirus (CMV), das unter anderem auch für das Auge gefährlich sein kann
Herpes-simplex-Virus (HSV) und Varizella-Zoster-Virus (VZV), das die Windpocken und bei einem schwachem Immunsystem die Gürtelrose auslösen kann
Pneumocystis jirovecii, ein Pilz, der eine nach ihm benannte Pneumonie (PcP) auslöst
Atypische Mykobakterien, die auch nicht-tuberkuläre Mykobakterien genannt werden
Kryptokokken, die eine Gehirnhautentzündung auslösen können
Zerebrale Toxoplasmose
Tuberkulose
Für manche dieser Infektionen ist der Beginn der ART die einzig mögliche Therapie. Es ist wichtig, das Immunsystem möglichst rasch wieder auf die Beine zu stellen. So kann es sich selbst gegen den oder die Eindringlinge wehren. Diese Immunrekonstitution schützt am besten vor Rückfällen und Neuinfektionen. So gibt es beispielsweise bei PcP und Toxoplasmose wirksame Medikamente zur Therapie – aber auch hier zählt das gestärkte Immunsystem als wichtiger Helfer.
Ihr individuelles Risiko für opportunistische Infektionen bei einer HIV-Infektion steht daher vor allem in Zusammenhang mit der Fitness Ihres Immunsystems, also der Zahl Ihrer CD4-Zellen. Ist diese Zahl niedrig, können sich manche der opportunistischen Erreger leichter einschleichen. Auch deswegen sind eine effektive ART und regelmäßige Kontrollen wichtig bei einer HIV-Infektion. Zu Beginn einer antiretroviralen Therapie können, bis das Immunsystem wieder stabilisiert ist, auch medikamentöse Primärprophylaxen (gegen eine Erstinfektion) und Sekundärprophylaxen (gegen einen Rückfall, also Rezidiv) die Therapie begleitend unterstützen und vor manchen dieser opportunistischen Erreger schützen. Ist das Immunsystem wieder aktiv, stellt die Impfung gegen klassische Krankheitserreger einen weiteren, wichtigen Schutzwall, beispielsweise gegen Pneumokokken, Meningokokken, Hepatitis und Varizella dar.2
Mit der Kombination aus Hygiene, Distanz zu Krankheitserregern, Impfschutz, medikamentösen Prophylaxen und einem mittels ART möglichste fitten Immunsystem stehen HIV-positive Menschen den klassischen opportunistischen Erregern gut gewappnet gegenüber.
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Referenzen
1. Hoffmann, C, and J Rockstroh, eds. HIVBuch 2020/21. Medizin Fokus Verlag, 2020. https://www.hivbuch.de/.
2. Duff P. Prevention of Opportunistic Infections in Women With HIV Infection. Clin Obstet Gynecol. 2019 Dec;62(4):816-822. doi: 10.1097/GRF.0000000000000483. PMID: 31433312
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