Mit Biologika MS effektiv behandeln
Die Bandbreite an chemischen Arzneimitteln ist groß, ebenso wie die Anwendungsbereiche. Trotzdem gibt es Menschen, bei denen konventionelle Therapien nicht ausreichend wirken oder Nebenwirkungen hervorrufen.1
Besondere Herausforderungen bestehen in der Therapie von Krebs sowie Autoimmunerkrankungen wie MS, bei denen eine sehr spezifische Störung in der Immunabwehr vorliegt. Bei einigen Menschen ist diese, meist genetisch veranlagte (atopisch), Störung mit herkömmlichen Medikamenten jedoch nur schwer zu behandeln.1,2
Eine Alternative in der medikamentösen Behandlung bei Multipler Sklerose bieten beispielsweise biologische Arzneimittel. Dazu gehören Biologika. Für MS gibt es schon länger verschiedene Biologika, die angewendet werden.
Seit Februar 2024 ist für die schubförmig remittierend verlaufende Multiple Sklerose (RRMS, mehr Informationen in diesem Artikel) auch ein Biosimilar verfügbar, das anstelle des Biologikums Natalizumab eingesetzt werden kann. Das erste Biosimilar für MS.3,4,5,6
Ein Biosimilar ist genauso wirksam wie ein Biologikum, dennoch gibt es kleine Unterschiede.
Bei einem Biologikum handelt es sich um ein aus biologischen Substanzen technologisch hergestelltes Arzneimittel. Als Grundlage dienen lebende Zellen (mitunter genetisch optimiert), die in speziellen Reaktoren gezüchtet und aus denen die gewünschten Wirkstoffsubstanzen gewonnen werden. Das sind zumeist bestimmte Eiweiße (Proteine) oder Zellbestandteile, seltener auch ganze Zellen.4,5,7
Biosimilars sind wie auch die Generika sogenannte Nachahmer-Präparate oder Nachfolgemittel der Biologika. Sobald das Patent eines Biologikums ausläuft, sind Hersteller anderer Arzneimittel befugt, ein Medikament mit dem gleichen Wirkstoff auf den Markt zu bringen. Biosimilars und Biologika sind in ihrer Wirkung daher nahezu identisch. Ein Biosimilar ist in der Regel genauso gut wirksam wie das ursprüngliche Biologikum.
Da es sich jedoch um biologisches Material handelt, ist das Nachahmen, also die Reproduktion eines Biologikums, nicht zu 100 Prozent möglich. Das komplexe Herstellungsverfahren macht eine genaue Kopie des Originalprodukts unmöglich. Daher kommt es zu feinsten Abweichungen zwischen Original und Nachahmer, die jedoch keine Auswirkungen auf Wirkung, Qualität oder Sicherheit haben.4
Biosimilars sind ebenso sicher und wirksam wie das Original und können erst eingesetzt werden, wenn sie diese Sicherheit bewiesen haben und von den Arzneimittelbehörden zugelassen werden.8
Beide Arzneimittelformen wirken gezielt auf das Immunsystem und hemmen vor allem Entzündungsvorgänge, die je nach Erkrankung unterschiedlichste Beschwerden hervorrufen.
Die Wirkung tritt innerhalb einiger Tage oder weniger Wochen ein, wobei jede Person unterschiedlich schnell und gut auf die Therapie anspricht.1
Es gibt zwei Wege, über die Biologika oder Biosimilars verabreicht werden:3,9,10
als Spritze unter die Haut oder
als Infusion.
Oral, zum Beispiel in Form einer Tablette, kann man Biologika und Biosimilars zurzeit noch nicht einnehmen. Die Aufnahme über unseren Magen-Darm-Trakt ist nicht ideal für diese Arzneimittel und verringert die gewünschte Wirkung.
Bei MS greifen Biologika und Biosimilars, je nach Wirkmechanismus, direkt in das komplexe Immungeschehen ein. Sie können sich zum Beispiel an bestimmte Strukturen im Blut binden und diese dadurch blockieren. So kann zum Beispiel verhindert werden, dass bestimmte Immunzellen ins Gehirn wandern und dort Entzündungen hervorrufen. Für die Behandlung der MS spielen vor allem monoklonale Antikörper und Interferone – beides bestimmte Wirkstoffgruppen von Biologika – eine Rolle.11
Wie bei anderen Arzneimitteln können Nebenwirkungen auch bei Biologika und Biosimilars auftreten. Die häufigsten Nebenwirkungen sind:12,13
lokale Reaktionen (Rötung oder Infektion an der Einstichstelle)
Infusionsreaktionen wie ein roter Kopf, Kältegefühl, Übelkeit oder Kopfschmerzen
Fieber
Hautausschlag
Infektionen der oberen Atemwege
Harnwegsinfekte
Da Biologika und Biosimilars hemmend auf das Immunsystem wirken, kann dieses dadurch geschwächt werden und wehrt beispielsweise Krankheitserreger schlechter ab. Somit können bei manchen Menschen Erkrankungen, die von Erregern wie Pilzen, Bakterien oder Viren hervorrufen häufiger auftreten.14
Grundsätzlich ist ein Wechsel von einem herkömmlichen Arzneimittel auf ein Biologikum möglich. Dasselbe gilt für den Wechsel von Biologikum zu Biosimilar. Wichtig ist, dass keine Gegenanzeigen wie Unverträglichkeiten oder Nebenwirkungen dagegensprechen.
Momentan ist erst ein Biosimilar in Deutschland für MS zugelassen, doch für einige MS-Medikamente ist inzwischen der Patentschutz ausgelaufen. Somit können nun auch kostengünstigere Biosimilars auf den Markt gebracht werden.8
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Referenzen
1. Deutsche Rheuma Liga. Merkblatt Biologika/Biosimilars. https://www.rheuma-liga.de/fileadmin/public/main_domain/Dokumente/Mediencenter/Publikationen/Merkblaetter/4.4_Biologika.pdf Stand: 3. Auflage 2021. Abgerufen: 25.01.2023
2. Psoriasis-Netz. Schuppenflechte (Psoriasis). https://www.psoriasis-netz.de/magazin/fakten/psoriasis/schuppenflechte-psoriasis-r1113/ Stand: 08.11.2016. Abgerufen: 25.01.2023
3. Deutscher Psoriasis Bund e.V. Biologika + Biosimilars. https://www.psoriasisbund.de/fileadmin/images/broschueren/Biologika___Biosimilars_-_Flyer.pdf Stand: 2023. Abgerufen: 25.01.2023
4. Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV). Was für Arzneimittel sind Biosimilars? https://www.kbv.de/media/sp/Patienteninformation_Biosimilars.pdf Stand: Juli 2019.Abgerufen: 25.01.2023
5. European Medicine Agency. Biosimilars in der EU – Leitfaden für medizinische Fachkräfte. https://www.ema.europa.eu/en/documents/leaflet/biosimilars-eu-information-guide-healthcare-professionals_de.pdf Stand: 2019. Abgerufen: 25.01.2023
6. Kompetenznetz Multiple Sklerose: PRESSEMITTEILUNG: Neuster Zuwachs in der MS Therapie: Natalizumab-Biosimilar Tyruko® in Deutschland verfügbar. https://www.kompetenznetz-multiplesklerose.de/wp-content/uploads/2024/02/KKNMS_Pressetext_Natalizumab-Biosimilar_FINAL_15.02.2024.pdf Veröffentlicht: 15.02.2024. Abgerufen: 01.03.2024
7. Chan J.C.N. & Chan A.T.C. Biologics and biosimilars: what, why and how? ESMO Open. 2017;2(1):e000180 https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC5519784/ Stand: 2017. Abgerufen: 25.01.2023
8. amsel – Das Multiple Sklerose Portal: Generika und Biosimilars in der MS-Therapie. https://www.amsel.de/multiple-sklerose/nachahmerpraeparate/ Stand: 19.12.2023. Abgerufen: 01.03.2024
9. Leitlinie der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft. Therapie der Psoriasis vulgaris. (Stand: 2021) https://register.awmf.org/assets/guidelines/013-001l_S3_Therapie-Psoriasis-vulgaris_2021-07-verlaengert.pdf Stand: 19.02.2021. Abgerufen: 25.01.2023
10. Psoriasis-Netz. Stufe 3: Innerliche Medikamente bei Psoriasis – Tabletten und Spritzen. https://www.psoriasis-netz.de/magazin/fakten/behandlung/behandlung-innerlich/ Stand: Januar 2019. Abgerufen: 25.01.2023
11. amsel – Das Multiple Sklerose Portal: WAS SIND BIOLOGIKA? https://www.amsel.de/multiple-sklerose/ms-wissenswert/biologika/ Stand: 19.12.2023. Abgerufen: 01.03.2024
12. amsel – Das Multiple Sklerose Portal: Alemtuzumab. https://www.amsel.de/multiple-sklerose/behandeln/verlaufsmodifizierende-ms-therapie/alemtuzumab/ Stand: 21.01.2021. Abgerufen: 01.03.2024
13. amsel – Das Multiple Sklerose Portal: Nataliezumab. https://www.amsel.de/multiple-sklerose/behandeln/verlaufsmodifizierende-ms-therapie/natalizumab/ Stand: 16.08.2021. Abgerufen: 01.03.2024
14. Deutsche Apothekerzeitung (DAZ). Biologika bei Psoriasis. https://www.deutsche-apotheker-zeitung.de/daz-az/2019/daz-49-2019/biologika-bei-psoriasis Stand: 05.12.2019. Abgerufen: 25.01.2023
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