Schub oder Pseudo-Schub?

wer mit MS lebt, weiß, dass es im Laufe der Erkrankung immer wieder zu sogenannten Schüben kommen kann. Diese entstehen, weil die Nerven durch die MS geschädigt werden. Das hat weitreichende neurologische Störungen zur Folge. Da alle Nerven betroffen sein können, sowohl im Gehirn als auch im Rückenmark, kann es zu vielfältigen Beschwerden kommen.1,2,3
MS-Symptome können sein:1,2
Krämpfe und/oder Lähmungen
Koordinationsschwierigkeiten z.B. beim Laufen oder Greifen
Schmerzen bei Bewegungen des Auges
Blicklähmung (Blickparese)
Sehstörungen (verschwommene Sicht)
Gefühlsstörungen (z.B. Kribbeln, Taubheit)
Störungen beim Wasserlassen und Stuhlgang
Erschöpfung (Fatigue)
kognitive Störungen
Von einem „MS-Schub“ spricht man, wenn MS-Symptome neu auftreten oder sich verschlimmern. Kennzeichnend für einen echten MS-Schub sind:1,4,5,6
die Dauer beträgt länger als einen Tag
der letzte Schub liegt mindestens 30 Tage zurück
die Symptome wurden nicht durch äußerliche Faktoren wie Hitze (Uthoff-Phänomen) oder Infekte ausgelöst
Die Symptome treten üblicherweise nicht akut oder innerhalb von Minuten auf, sondern verschlechtern sich über mehrere Stunden oder Tage.1,4,5,6 Während sich die Symptome anfangs meistens noch komplett zurückbilden können, bleiben im Verlauf der Erkrankung neurologische Einschränkungen zurück.3
Nicht immer sind auftretende MS-Beschwerden jedoch ein Zeichen für einen MS-Schub. Vor allem, wenn die Symptome schwächer ausgeprägt sind und höchstens einen Tag lang anhalten, sprechen Ärzte von einem Pseudo-Schub.4,5,7
Ein Pseudo-Schub ist einem echten MS-Schub aufgrund der gleichen Symptome sehr ähnlich und daher leicht zu verwechseln. Er geht jedoch nicht mit einer neueren oder verstärkten Schädigung der Nerven einher und bedeutet keine Verschlechterung der Erkrankung.4
Anders als ein echter MS-Schub lässt sich ein Pseudo-Schub auf konkrete Auslöser zurückführen. Ursachen können unter anderem sein:4,5,7,8
Hitze (Uthoff-Phänomen)
Infektionen (mit/ohne Fieber)
Körperliche Anstrengungen
Stress
Psychische Störungen wie Depressionen
Die Beschwerden treten dann meistens akut oder innerhalb weniger Minuten auf, bilden sich aber auch innerhalb von 24 Stunden wieder zurück.
Liegt ein Pseudo-Schub vor, genügt es häufig, die Auslöser zu beseitigen, zum Beispiel durch Kühlung des Körpers bei Hitze oder durch Stressreduktion.4
Da Beschwerden nicht immer eine Verschlechterung der Erkrankung bedeuten, raten Fachleute dazu, bei Symptomen zunächst 24 Stunden abzuwarten und möglichst abzuklären, wie lange der letzte Schub zurückliegt. Klingen die Symptome nicht nach 24 Stunden ab und liegt der letzte MS-Schub länger als 30 Tage zurück, ist ein neuer MS-Schub wahrscheinlich.8
Wenn neue Symptome hinzukommen oder die Beschwerden Sie sehr stark beeinträchtigen, sollten Sie diese bei Ihrem Neurologen oder Ihrer Neurologin abklären lassen. Sind Sie unsicher, ob es sich um einen Schub oder Pseudo-Schub handelt, sollten Sie immer Ihren Arzt oder Ihre Ärztin aufsuchen. Haben Sie keine Scheu, denn sollte tatsächlich ein MS-Schub vorliegen, ist es wichtig rechtzeitig zu handeln.7,8
In der Behandlung von Multipler Sklerose kommen Verfahren zum Einsatz, die vor allem der Linderung der Beschwerden dienen:9,10
Schubtherapie
Immunprophylaxe
Symptomatische Therapie
Während mit dem Einsatz von entzündungshemmenden Medikamenten wie Kortison oder Schmerzmitteln vor allem die akuten Beschwerden bei einem Schub gemindert werden, helfen immunmodulierende Substanzen Schüben langfristig vorzubeugen. Sie beeinflussen das Immunsystem so, dass es seltener zu Schüben kommt und die Nerven stärker geschützt werden.
In besonders schweren Fällen kommen mitunter Antikörper zum Einsatz, die hochspezifisch in die Entzündungsreaktion eingreifen und diese stoppen.9 Im Zuge einer solchen eskalierenden Schubtherapie – eine Ausweitung der bisherigen Behandlung – kann außerdem eine Blutwäsche (Plasmapherese) erfolgen, durch die die schädlichen, entzündungsfördernden Substanzen aus dem Blut entfernt werden.1,5
Im Laufe der Zeit lernen viele Menschen, die mit MS leben, die Unterschiede zwischen Schub und Pseudo-Schub zu erkennen. Wenn Sie wissen, wie sich Ihre MS normalerweise auf Sie auswirkt, können Sie durch die Beobachtung Ihrer Symptome, mögliche Schübe frühzeitig erkennen. Hierbei kann Sie die Symptomabfrage Ihrer MyTherapy-App unterstützen. Einfach unter „Therapie“ die Symptomabfrage einrichten und täglich das Befinden notieren.
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Referenzen
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Initiative Selbsthilfe Multiple Sklerose Kranker e. V. Krankheitsbild – die Krankheit mit den tausend Gesichtern. https://www.multiple-sklerose-e-v.de/multiple-sklerose/krankheitsbild Stand:2023. Abgerufen: 07.03.2023
Multiple Sklerose Gesellschaft Niederösterreich. MS-Schub – oder doch nicht? https://ms-gesellschaft.at/news/ms-schub-oder-doch-nicht/ Stand: 08.10.2021. Abgerufen: 07.03.2023
Deutsche Multiple Sklerose Gesellschaft Bundesverband e.V. Was ist ein Schub? https://www.dmsg.de/multiple-sklerose/ms-behandeln/therapiesaeulen/schubtherapie Stand: 2023. Abgerufen: 07.03.2023
National Sclerosis Society. Relapsing-remitting MS (RRMS). https://www.nationalmssociety.org/What-is-MS/Types-of-MS/Relapsing-remitting-MS#section-1 Stand:2023. Abgerufen: 07.03.2023
multiplesclerosis.net. Is it an MS Relapse or Pseudoexacerbation? https://multiplesclerosis.net/living-with-ms/relapse-or-pseudoexacerbation Stand: Abgerufen: 07.03.2023
Everyday Health. How to Spot the Signs of an MS Flare. https://www.everydayhealth.com/multiple-sclerosis/symptoms/how-to-spot-the-signs-of-an-ms-symptom-flare/?slot=0&eh_uid=168103483 Stand: 22.11.2022. Abgerufen: 07.03.2023
Neurologen und Psychiater im Netz. Behandlungsmöglichkeiten bei Multipler Sklerose (MS). https://www.neurologen-und-psychiater-im-netz.org/neurologie/erkrankungen/multiple-sklerose-ms/therapie/ Stand: 2023. Abgerufen: 07.03.2023
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