Stammzellentransplantation bei MS

Stammzellentransplantation bei MS

In Deutschland stehen zur Behandlung der Multiplen Sklerose (MS) verschiedene wirksame Therapien zur Verfügung.1 Doch manchmal kommt es vor, dass diese nicht anschlagen. Dann steht in anderen europäischen Ländern eine weitere Kassenleistung als Behandlungsoption zur Verfügung, die viele nur von der Krebstherapie kennen: die Stammzelltransplantation.2

Welche Formen der Stammzelltransplantationen bei MS gibt es?3

Es gibt zwei verschiedene Formen der Stammzelltransplantation, die sich nach der Herkunft der Stammzellen unterscheiden. Bei der autologen Form erhält die erkrankte Person nach entsprechender Vorbehandlung ihre Stammzellen aus der Eigenspende. Wurden diese von einer anderen Person gespendet, ist von einer allogenen Stammzelltransplantation die Rede.

Zurzeit werden folgende Arten der Stammzelltransplantation in Studien untersucht: Die neuronale Stammzelltransplantation zur Reparatur der Nervenzellen sowie die mesenchymale und die autologe hämatopoetische Stammzelltransplantation (aHSZT), um das Immunsystem positiv zu beeinflussen.

Wann kommt eine Stammzelltherapie bei MS infrage?

Die aHSZT ist seit den 1990er Jahren die am besten untersuchte Stammzelltherapie. Diese gilt in Deutschland bei MS jedoch als Heilversuch und ist nur im Rahmen von Studien vorgesehen. Daher wird sie nur in Einzelfällen von der Krankenkasse übernommen – und das oft erst, nachdem vor Gericht geklagt wurde.1,2,3

Gut zu wissen:
Die Kosten einer Stammzelltransplantation liegen je nach Klinik bei 50.000 bis 75.000 Euro.

Von einer aHSZT scheinen besonders die Menschen zu profitieren3,

  • deren MS-Erkrankung in vielen Schüben verläuft,
  • bei denen im MRT aktive Entzündungsherde zu sehen sind,
  • die wenig oder schwach körperlich beeinträchtigt sind,
  • die noch nicht lange MS haben (< 15 Jahre) und
  • die unter 50 Jahren alt sind.

Ob eine aHSZT sich auch bei einer fortschreitenden MS eignet, ist noch Gegenstand der Forschung. Möglicherweise könnten jedoch auch hier betroffene Menschen profitieren, wenn sie noch Schübe haben oder im MRT entzündliche Herde auffindbar sind. Allerdings sind noch keine ausreichend belastbaren Daten vorhanden, um den Nutzen in diesem Fall beurteilen zu können. Es wird aber angenommen, dass sie nicht mehr hilfreich ist, wenn die Erkrankung länger als 15 Jahre besteht, die Person über 50 Jahre alt ist und sie weniger als 100 Meter am Stück laufen kann.3

Neben der aHSZT werden noch andere Gruppen von Stammzellen und ihr Nutzen für eine Stammzelltransplantation untersucht: die mesenchymalen und neuronalen Stammzellen. Doch zu beiden liegen nicht genug aussagekräftige Studien vor, die einen Nutzen in der MS-Therapiebelegen könnten.

Wie läuft die Stammzelltransplantation ab?3

Bei der Stammzelltransplantation stellt nicht die Transplantation der Stammzellen, sondern das Ausschalten des Immunsystems durch die Chemotherapie die eigentliche Behandlung dar. Diese erfolgt in verschiedenen Schritten:

Mobilisation

Im ersten Schritt der Behandlung erhält die Person eine gering dosierte Chemotherapie und einen Wachstumsfaktor. Beides regt die Stammzellen dazu an, aus dem Knochenmark ins Blut zu wandern. Mit einer bestimmten Form von Blutwäsche lassen sie sich nach sieben bis zehn Tagen aus dem Blut filtern. Nach diesem ambulanten Behandlungsschritt, der als Mobilisation bezeichnet wird, werden die Stammzellen eingefroren und die behandelte Person kann für einige Tage nach Hause.

Konditionierung und Transplantation der Stammzellen

Mit einer Hochdosis-Chemotherapie, die mit einem Antikörper kombiniert wird, werden die erkrankten Zellen des Immunsystems angegriffen und zerstört. Diese Phase der Konditionierung und Transplantation dauert etwa vier Tage. Im Anschluss werden die aufgetauten Stammzellen der erkrankten Person wie eine Infusion über die Vene wieder zugeführt. Bis die Stammzellen das Knochenmark erreichen und ausreichend neue Blutzellen gebildet haben, vergehen in der Regel etwa zehn Tage. In dieser Zeit ist der Körper stark anfällig für Infektionen, weil das Immunsystem sich erst noch aufbauen muss. Daher findet die Behandlung stationär und von anderen Menschen isoliert in einem Einzelzimmer statt.

Nachsorge und vorbeugende Behandlungen

Auch wenn sich ausreichend weiße Blutkörperchen gebildet haben und die therapierte Person das Krankenhaus verlassen konnte, braucht das Immunsystem etwa ein Jahr, bis es wieder seine Schutzfunktion aufgebaut hat. Daher ist es besonders in den ersten 100 Tagen wichtig, große Menschenansammlungen zu meiden. Zudem sind Komplikationen möglich. Manche Menschen reagieren allergisch auf die Medikamente. Da das Immunsystem noch nicht vollständig ausgereift ist, sind zudem Infektionen, Schleimhautentzündungen oder Fieber möglich. Um Infektionen vorzubeugen, verschreibt die behandelnde Praxis vorbeugend Antibiotika und ein Medikament gegen Viruserkrankungen.

Wichtig:
Hinweis: Um die hohe Qualität unserer Inhalte sicher zu stellen, wurde dieser Text von unserem Team aus Apothekerinnen und Apothekern geprüft. Die bereitgestellten Inhalte dienen lediglich der Information und ersetzen keine medizinische Beratung oder Behandlung durch einen Arzt oder eine Ärztin. Die Texte sind nicht zur eigenständigen Diagnose und Beginn, Änderung oder Beendigung einer Behandlung von Krankheiten gedacht.

Referenzen

  1. Deutsche Apotheker Zeitung. Ging es 2024 in der MS-Forschung voran?https://www.deutsche-apotheker-zeitung.de/news/artikel/2024/12/30/ging-es-2024-in-der-ms-forschung-voran Veröffentlicht: 30.12.2024. Abruf: 10.04.2025
  2. Sozialverband Deutschland (VDK). VDK erkämpft Stammzelltherapie für MS-Patienten. https://www.vdk.de/aktuelles/aktuelle-meldungen/artikel/vdk-erkaempft-stammzelltherapie-fuer-ms-patienten/ Veröffentlicht: 03.03.2024. Abruf: 10.04.2025
  3. Amsel. Das Multiple Sklerose Portal. Stammzellen gegen Multiple Sklerose – Reparatur oder Immuntherapie. https://www.amsel.de/multiple-sklerose-news/medizin/stammzellen-gegen-multiple-sklerose-reparatur-oder-immuntherapie/ Veröffentlicht: 26.08.2024. Abruf: 10.04.2025

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Titelbild: AdobeStock

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