Body Neutrality - weg von übertriebenen Schönheitsidealen

Menschen, die einem dominanten Schönheitsideal nicht entsprechen, leiden häufig unter Stigmatisierung und Diskriminierung. Wer die eigene Wahrnehmung eher auf die Leistungsfähigkeit als auf das Aussehen des eigenen Körpers richtet, steigert sein Selbstwertgefühl und entwickelt mehr Selbstbewusstsein.
Das äußere Erscheinungsbild spielt bei dem Konzept „Body Neutrality“ eine untergeordnete Rolle. Es geht eher darum, den eigenen Körper zu akzeptieren. Die Wertschätzung für den eigenen Körper erfolgt losgelöst von ästhetischen Gesichtspunkten. Dadurch wird er nicht mehr länger als Objekt der Schönheitswahrnehmungen betrachtet.1
„Es geht darum, die Bedeutung, die wir unserem Aussehen beimessen, zu reduzieren. Schönheit hat bei uns einen zu hohen Stellenwert“, sagt Sozialpsychologin und Autorin Anuschka Rees. „Wir können unseren Selbstwert aus vielen Faktoren ziehen, beispielsweise aus unseren eigenen Werten, unseren Fähigkeiten und Talenten, unseren Beziehungen zu anderen Menschen.“
Ende der 1960er Jahre entstand in New York eine Bewegung schwarzer übergewichtiger Frauen, die sich gegen Diskriminierung wehrten. Sie riefen auf, ihre Körper zu lieben, wie er ist. „Body positivity“ sei eine verständliche Schutzreaktion auf die weit verbreitete Stigmatisierung. „Die Selbstliebe des eigenen Körpers kann Betroffenen helfen, einen Schutz gegen die negativen Stressoren aufzubauen, die die Problematik verschärfen - insofern hat die Body Positivity-Bewegung einen wertvollen Beitrag geleistet“, so Professor Dr. Claudia Luck-Sikorski, Professorin für Psychische Gesundheit und Psychotherapie an der SRH Hochschule für Gesundheit in Gera.
Zwar hat diese Bewegung eine größere Vielfalt von Körpertypen in die öffentliche Wahrnehmung gebracht, doch eine starke Betonung des Aussehens bleibt bestehen. Die Anforderung, den eigenen Körper zu lieben, ist für viele Menschen entmutigend. Zudem kann die bedingungslose Selbstliebe dazu beitragen, Gewichtsstörungen zu verharmlosen. Anders bei Body Neutrality: Das Ziel ist, das Selbstwertgefühl sehr viel weniger an das Aussehen zu koppeln.2,3
Auch wer sich akzeptiert, darf nicht aus den Augen verlieren, dass starkes Übergewicht der Gesundheit schadet. „Menschen mit Adipositas haben eine verringerte Lebenserwartung und ein stark erhöhtes Risiko für schwerwiegende Folgekrankheiten“, sagt Professor Dr. Christine Stroh, Chefärztin am SRH Wald-Klinikum Gera.
Andererseits kann Unzufriedenheit mit dem eigenen Körper motivieren, sein Ess- und Bewegungsverhalten zu verändern. Um ein gesundes Verhältnis zum eigenen Körper zu erreichen, sollte dessen Funktion im Mittelpunkt stehen. Es geht um die Wertschätzung des eigenen Körpers auf der Grundlage, was er zu leisten vermag. Diese Betrachtungsweise kann Prävention und Therapie von Essstörungen und Adipositas erleichtern.2,4
Wer das verinnerlicht, wird sich und seinem Körper Gutes tun wollen und eher über eine Therapie nachdenken. Wichtig ist es, wie man sich in seinem Körper fühlt und den Fokus auf seine Bedürfnisse und Funktionen zu konzentrieren.4
Kurz zusammengefasst: Auch wenn man seinen Körper nicht immer bedingungslos lieben kann, so kann man ihn doch wertschätzen. Den Fokus auf die Funktionsfähigkeit des Körpers, anstatt auf sein Aussehen zu richten, kann auch in der Adipositas-Therapie hilfreich sein.
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Referenzen
Ärzteblatt.de: Fachgesellschaften plädieren für “Nody Neutrality“ statt „Body Positivity“ https://www.aerzteblatt.de/nachrichten/146335/Fachgesellschaften-plaedieren-fuer-Body-Neutrality-statt-Body-Positivity Stand: 29.09.2023, Abgerufen: 25.03.2024
Adipositas Gesellschaft, Pressemeldung: Experten plädieren für „Body Neutrality“ statt „Body Positivity“ - Wie Körperbilder Adipositas und Essstörungen beeinflussen https://adipositas-gesellschaft.de/experten-plaedieren-fuer-body-neutrality-statt-body-positivity-wie-koerperbilder-adipositas-und-essstoerungen-beeinflussen-wissenschaftlicher-ko/ Stand: 28.09.2023, Abgerufen: 25.03.2024
Zeit.de: Body Positivity: Das Ziel ist nicht, seine Pickel schön zu finden“ https://www.zeit.de/die-antwort/2019-08/body-positivity-schoenheitswahn-body-neutrality-selbstbewusstsein Abgerufen: 25.03.2024
Welt.de: Sabine Winkler: Body Neutrality – neuer Trend gegen Schönheitswahn im Netz https://www.welt.de/kmpkt/article238021915/Body-Neutrality-Besser-als-Body-Positivity.html Veröffentlicht: 12.04.2022, Abgerufen: 25.03.2024
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