Ersthelfer App gegen plötzlichen Herztod

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Wenn jede Sekunde zählt: Ersthelfer-Alarmierung mit dem Smartphone
Der plötzliche Herztod gehört zu den häufigsten Todesursachen in Deutschland. Jedes Jahr sterben bis zu 65.000 Menschen daran – ein Großteil davon könnte gerettet werden, wenn schnelle Hilfe vor Ort verfügbar wäre. Doch genau daran hapert es häufig, insbesondere in ländlichen Regionen. Die Zeit ist der entscheidende Faktor: Mit jeder Minute, die nach einem Herzstillstand ohne Wiederbelebungsmaßnahmen verstreicht, sinkt die Überlebenschance um zehn Prozent. Hier setzen moderne Technologien wie Ersthelfer Apps an, die ein neues Kapitel in der Notfallmedizin aufschlagen könnten.
Ersthelfer Apps wie Mobile Retter und ähnliche Systeme versprechen eine Lösung für das drängende Problem der schnellen Erstversorgung. Sie vernetzen registrierte Helferinnen und Helfer, die in der Nähe eines Notfalls sind, mit Rettungsdiensten und alarmieren sie per Smartphone. Die Vorteile dieser digitalen Helfersysteme sind enorm – und sie könnten deutschlandweit Leben retten.
Wie funktionieren Ersthelfer Apps?
Die Idee hinter der Smartphone-basierten Ersthelfer-Alarmierung ist einfach, aber wirkungsvoll: Wenn ein Notruf bei der Leitstelle eingeht und ein Herz-Kreislauf-Stillstand gemeldet wird, aktiviert die App automatisch ein Netzwerk aus registrierten Helferinnen und Helfern. Mithilfe von GPS wird überprüft, welche Ersthelfenden sich in unmittelbarer Nähe befinden. Diese erhalten eine Benachrichtigung auf ihr Smartphone und entscheiden, ob sie den Einsatz übernehmen können. Die Ersthelfer App zeigt den Helfenden den genauen Einsatzort an und stellt bei Bedarf medizinische Anweisungen bereit, etwa zur Anwendung der Herzdruckmassage oder eines Defibrillators.
Ein entscheidender Vorteil ist, dass die Alarmierung und der Einsatz meist schneller erfolgen können als die Ankunft des Rettungsdienstes. Gerade in ländlichen Regionen, in denen Rettungsdienste längere Anfahrtszeiten haben, kann dies überlebenswichtig sein.
Warum ist die schnelle Hilfe so entscheidend?
Ein Herzstillstand mit Todesfolge tritt meist ohne Vorwarnung ein und wird oft durch Kammerflimmern verursacht, bei dem das Herz nicht mehr effektiv Blut pumpt. Ohne sofortige Maßnahmen – insbesondere eine Herzdruckmassage und den Einsatz eines automatisierten externen Defibrillators (AED) – verlieren Betroffene schnell das Bewusstsein, und die Überlebenschancen sinken drastisch.
Studien zeigen, dass in Deutschland nur in etwa 40 Prozent der Fälle Laienhelferinnen und -helfer eine Wiederbelebung einleiten, bevor der Rettungsdienst eintrifft. Ersthelfer Apps können diese Quote erhöhen, indem sie gezielt Personen alarmieren, die in der Nähe sind und die notwendige Kompetenz besitzen. Die Zeitspanne zwischen dem Herzstillstand und dem Beginn der Reanimation wird durch die Alarmierung von Ersthelfenden deutlich verkürzt. Eine Untersuchung der ADAC-Stiftung hat ergeben, dass der flächendeckende Einsatz solcher Apps bis zu 10.000 Leben pro Jahr retten könnte.
Welche Ersthelfer Apps gibt es?
Es stehen mehrere Ersthelfer Apps kostenlos zur Verfügung, die darauf abzielen, bei plötzlichem Herztod schnelle Hilfe zu leisten. Einige der bekanntesten sind:
- Mobile Retter
- Katretter
- Region der Lebensretter
- Corhelper
Im Jahr 2025 wurde die App ASB SCHOCKT bundesweit eingeführt und in vielen Regionen direkt in das bestehende Katretter-System integriert. Sie verbindet Alarmierung, AED-Standortdaten und Registrierung von Ersthelfenden in einer Anwendung.
Abhängig von der Region werden häufig weitere Apps für die Wiederbelebung bei Herz-Kreislauf-Stillstand angeboten.
Die Voraussetzungen für die Registrierung als Ersthelferin oder Ersthelfer in den entsprechenden Apps variieren je nach Anbieter und regionalen Anforderungen. Im Allgemeinen gelten jedoch folgende Kriterien:
- Mindestalter: In der Regel müssen Nutzende mindestens 18 Jahre alt sein.
- Qualifikation: Einige Apps setzen eine medizinische Ausbildung oder spezifische Qualifikationen voraus wie
- abgeschlossener Erste-Hilfe-Kurs
- Sanitätsausbildung
- Berufserfahrung im Gesundheitswesen (z. B. Pflegekräfte, ärztliche Fachkräfte)
- Mitgliedschaft in Hilfsorganisationen (z. B. DRK, ASB)
- Nachweis der Qualifikation: Es ist üblich, dass Qualifikationen durch Zertifikate oder Bescheinigungen nachgewiesen werden müssen. Diese werden oft während des Registrierungsprozesses hochgeladen und von Mitarbeitenden des App-Anbietenden überprüft.
- Technische Voraussetzungen: Ein Smartphone mit aktuellem Betriebssystem und aktivierter Standortfreigabe ist erforderlich, um Alarmierungen zu empfangen und den Einsatzort zu finden.
- Schulung oder Training: Einige Apps verlangen die Teilnahme an spezifischen Schulungen oder Einweisungen, um sicherzustellen, dass Ersthelfende mit der App und den Einsatzprozeduren vertraut sind.
Wie erfolgreich sind Ersthelfer Apps?
Ersthelfer Apps haben ihre Wirksamkeit bereits unter Beweis gestellt. In Regionen, in denen diese Systeme genutzt werden, konnte die Zeit bis zur ersten Reanimation deutlich verkürzt werden. Allein die App Mobile Retter hat nach eigenen Angaben aktuell über 20.000 aktive mobile Retterinnen und Retter, die über 37.000 Einsätze absolviert haben. Ihre vorausberechnete, durchschnittliche Eintreffzeit am Einsatzort liegt aktuell bei 3:50 Minuten. Zum Vergleich: Im Schnitt beträgt die Eintreffzeit des Rettungsdiensts neun Minuten, allerdings schwanken die Zahlen stark in den verschiedenen Bundesländern. Bei einem Herzstillstand zählt allerdings jede Sekunde: Je früher die Wiederbelebungsmaßnahmen beginnen, desto höher ist die Überlebenswahrscheinlichkeit.
In Gütersloh beispielsweise wird die App Mobile Retter seit 2013 erfolgreich eingesetzt. Seit der Einführung wurden hier mit der App über 6.000 Einsätze durchgeführt, bei denen Ersthelfende noch vor Eintreffen des Rettungsdiensts lebensrettende Maßnahmen einleiteten. In Mettmann waren es in nur knapp vier Jahren schon über 2.300 Einsätze. In den letzten Jahren stiegen die Zahlen der freiwilligen App-Ersthelferinnen und -helfer und somit die Alarmierungen und Einsätze kontinuierlich an.
Herausforderungen bei der Umsetzung
Trotz der beeindruckenden Erfolge stehen Ersthelfer Apps vor mehreren Herausforderungen, dazu gehören:
- Integration in bestehende Systeme: Die Zusammenarbeit zwischen Leitstellen, Rettungsdiensten und Ersthelfer-Apps muss nahtlos funktionieren. Dazu sind technische Schnittstellen sowie klare Absprachen zwischen den Beteiligten erforderlich.
- Finanzierung: Die flächendeckende Einführung solcher Systeme erfordert Investitionen in die technische Infrastruktur, Schulungen und die Pflege der Netzwerke. Während einige Kommunen bereits Gelder bereitstellen, fehlt in anderen Regionen eine sichere Finanzierungsperspektive.
- Sensibilisierung der Bevölkerung: Viele Menschen wissen nicht, dass sie sich als Ersthelferin oder Ersthelfer registrieren lassen können. Öffentlichkeitsarbeit und Aufklärungskampagnen sind daher notwendig, um mehr Menschen für die Idee zu gewinnen.
- Datenschutz: Da die Apps auf Standortdaten und persönliche Informationen zugreifen, ist der Schutz dieser Daten ein wichtiger Punkt. Die Entwicklerinnen und Entwickler der Apps müssen sicherstellen, dass die Datenschutzrichtlinien eingehalten werden und die Nutzenden Vertrauen in die Systeme haben.
Wichtig ist zudem, nicht nur regionale Einzellösungen anzubieten, sondern überregionale Alarmierungen zu ermöglichen. Für diese Vernetzung der unterschiedlichen Ersthelfer-Systeme sind jedoch laut dem gemeinsamen Bericht der ADAC-, Bertelsmann- und Björn-Steiger-Stiftungen „flächendeckende und interoperable Systeme mit einheitlichen Standards“ erforderlich.
Fazit
Ersthelfer Apps sind ein vielversprechender Ansatz, um plötzlichen Herztod zu vermeiden. Sie nutzen die Möglichkeiten moderner Technologie, um schnelle Hilfe zu organisieren und Menschenleben zu retten. Doch damit die Systeme ihr volles Potenzial entfalten können, bedarf es weiterer Anstrengungen: von der flächendeckenden Einführung über die Sicherstellung der Finanzierung bis hin zur Aufklärung der Bevölkerung. Die Stiftungen und Plattformen, die sich für Ersthelfer Apps einsetzen, leisten bereits jetzt einen wichtigen Beitrag. Doch letztlich hängt der Erfolg auch von der Bereitschaft jeder und jedes Einzelnen ab, sich als Ersthelferin oder Ersthelfer registrieren zu lassen und Verantwortung zu übernehmen.
Veröffentlicht am: 20.08.2025
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Quellen
[1] ÄrzteZeitung. Stiftungen wollen Ersthelfer-Apps gegen plötzlichen Herztod. https://www.aerztezeitung.de/Politik/Stiftungen-wollen-Ersthelfer-Apps-gegen-ploetzlichen-Herztod-453845.html (letzter Abruf: 26.11.2024)
[2] ÄrzteZeitung. ADAC-Stiftung: Mit Ersthelfer-Netzwerken mehr Leben retten. https://www.aerztezeitung.de/Politik/ADAC-Stiftung-Mit-Ersthelfer-Netzwerken-mehr-Leben-retten-450671.html
[3] Mobile Retter. Mobile Retter: Smartphone-basierte Ersthelfer-Alarmierung. https://www.mobile-retter.org/
[4] ADAC Stiftung. Potentialanalyse für Ersthelfer-Alarmierungssysteme. Stand: 06/2024. https://stiftung.adac.de/studie-potentialanalyse-ersthelfer-alarmierungssysteme/
[5] Kreis Mettmann. Vier Jahre »Mobile Retter« im Kreis Mettmann. https://www.kreis-mettmann.de/index.php?FID=3718.11510.1&ModID=7&object=tx%2C3718.5&utm_source=chatgpt.com
[6] Björn Steiger Stiftung. Welche Ersthelfer-APPs gibt es in Deutschland? https://rettungslandschaft.steiger-stiftung.de/ersthelfer-in-deutschland/
[7] Beratungsgesellschaft für Arbeits- und Gesundheitsschutz mbH (BfGA). Erste Hilfe. https://www.bfga.de/arbeitsschutz-lexikon-von-a-bis-z/fachbegriffe-c-i/erste-hilfe/
[8] Mobile Retter. Einsatzstatistiken. https://www.mobile-retter.org/einsatzstatistiken/
[9] ADAC Stiftung, Bertelsmann Stiftung und Björn Steiger Stiftung. Reformbedarf bei der Notfallversorgung: Flächendeckende Alarmierung von Ersthelfern über vernetzte Ersthelferalarmierungssysteme. https://www.bertelsmann-stiftung.de/fileadmin/files/Projekte/Gesundheit/Ersthelferalarmierungssysteme_Ergebnispapier_final.pdf
[10] ASB SCHOCKT https://www.asb-schockt.de/home/