Fast jeder Mensch greift mehrmals am Tag zu seinem Smartphone oder anderen digitalen Geräten, um auf dem neuesten Stand zu sein, was private Chats, E-Mails oder andere Informationen betrifft. Dass diese ständige Erreichbarkeit und Ablenkung auf Dauer zu einer Überreizung des Nervensystems und in vielen Fällen sogar zu Schlafstörungen führen können, ist den meisten Menschen nicht klar. Digital Detox bedeutet, bewusst Abstand von der Online-Zeit und der damit einhergehenden Reizüberflutung zu nehmen.
Digital Detox bedeutet übersetzt so viel wie digitale Entgiftung. Der Ausdruck steht für einen Trend, bei dem Personen bewusst etwas gegen die dauerhafte Beschallung durch digitale Medien unternehmen. Fast jeder Mensch greift ganz automatisch mehrmals am Tag zu seinem Smartphone, um es auf etwaige Neuigkeiten zu überprüfen – denn Smartphones sind vielseitig: Sie dienen als Wecker, Kalender, Navigationssystem sowie Übersetzungshilfe und tragen dazu bei, dass Menschen über Kommunikationsapps wie WhatsApp und Instagram ständig miteinander in Kontakt stehen können. Doch die ständige Erreichbarkeit und die vielen Themen, mit denen das Gehirn gleichzeitig beschäftigt ist, führen unbewusst zu Stress und Konzentrationsproblemen.
Menschen, die Digital Detox praktizieren, setzen dieser Flut an Informationen etwas entgegen, indem sie sich bewusst eine Auszeit vom Bildschirm nehmen. Beispielsweise schalten sie das Smartphone oder den Laptop für einige Stunden aus, stellen die Geräte auf lautlos oder legen sie weit von sich entfernt in einen anderen Raum. Auf diese Weise ist das Nervensystem nicht mit zu vielen Themen gleichzeitig beschäftigt. Zudem kommen die Gedanken wieder zurück aus der virtuellen Welt in die reale Umgebung. Das schafft die Zeit, bewusst über das eigene Online-Verhalten nachzudenken und echte zwischenmenschliche Kontakte zu erleben.
Das Gehirn braucht Ruhephasen, um neue Eindrücke und Sinneswahrnehmungen zu verarbeiten. Auf diese Weise kann es wichtige Informationen und neu Gelerntes festigen sowie unbrauchbare Aspekte herausfiltern. Kommen laufend weitere Reize durch digitale Medien hinzu, fehlen diese Ruhephasen, und das Nervensystem ist irgendwann überreizt. Das führt dazu, dass Personen, die häufig ihr Smartphone nutzen, sich schlechter konzentrieren können und öfter Stress empfinden. In vielen Fällen kommt es dadurch zu Ein- und Durchschlafstörungen in der Nacht.
Wenn viele Reize gleichzeitig stattfinden, zum Beispiel ein Chat in WhatsApp, das Überprüfen von E-Mails oder tagesaktuellen Nachrichten während parallel ein Film läuft, kann das Gehirn die Eindrücke nur noch oberflächlich verarbeiten. Wichtige Informationen gelangen nicht mehr in die Tiefe und die allgemeine Aufmerksamkeitsspanne und Konzentrationsfähigkeit sinken. Das Gehirn gewöhnt sich vordergründig an die Reizüberflutung – sobald also eine Offline-Phase ohne Bildschirmnutzung beginnt, reagiert es, als wäre es auf Entzug. Damit entsteht ein Kreislauf, der Menschen immer wieder zum Smartphone greifen lässt, um die unbemerkt entstandene Sucht zu befriedigen. Digital Detox kann diesen Kreislauf durchbrechen, weil der Drang, auf einen Bildschirm zu blicken, durch aktive Bildschirmpausen abgelegt wird.
Über den Tag verteilt verbringen Menschen durch die bewusste und unbewusste Nutzung digitaler Medien im Durchschnitt drei Stunden am Smartphone – nicht eingerechnet ist die Zeit, die sie wegen der Arbeit sowieso am Computer sitzen. Diese Zeit fehlt für zwischenmenschliche Kontakte, für sich selbst und die Erholung des Gehirns. Bei Jugendlichen liegt die tägliche Bildschirmzeit laut aktuellen Daten inzwischen bei bis zu sieben Stunden, was das Thema Digital Detox auch für Familien zunehmend relevant macht.
Bewusst Abstand vom Smartphone zu nehmen, also Digital Detox zu pflegen, führt dazu, dass das Nervensystem sich entspannen kann und sowohl der Geist als auch der Körper zur Ruhe kommen. Schlafstörungen und Stress können dadurch reduziert werden. Gleichzeitig verbessert sich die Konzentrationsfähigkeit, und es bleibt mehr Zeit, um Beziehungen und Kontakte zu pflegen. Fachleute empfehlen, Bildschirme mindestens eine Stunde vor dem Zubettgehen auszuschalten, um den natürlichen Schlaf-Wach-Rhythmus nicht zu stören.
Genau wie das ständige Verwenden des Smartphones eine Gewohnheit ist, kann auch Digital Detox zur Gewohnheit werden. Dazu gibt es einige Möglichkeiten, die sich leicht in den Alltag integrieren lassen:
Zeiten festlegen, in denen das Smartphone verwendet bzw. nicht verwendet werden darf: beispielsweise nicht direkt nach dem Aufstehen und nicht nach 21 Uhr, aber tagsüber einmal die Stunde für fünf Minuten.
Orte festlegen, zu denen digitale Geräte keinen Zugang haben – z. B. das Schlafzimmer, da drahtlose Verbindungen wie Bluetooth und blaues Bildschirmlicht zusätzlich die Schlafqualität beeinträchtigen können.
Keine ständige Erreichbarkeit. Chatnachrichten setzen unter Druck, da das Gegenüber meist eine schnelle Antwort erwartet. Es kann helfen, der Person zu erklären, dass man nicht zu jeder Zeit verfügbar ist.
Push-Benachrichtigungen ausschalten und das Gerät auf lautlos stellen, da das Nervensystem sonst in andauernder Alarmbereitschaft und Erwartungshaltung hinsichtlich der Neuigkeiten ist, die das Smartphone ankündigt.
Neue Gewohnheiten einführen, zum Beispiel ein täglicher Spaziergang, ein kreatives Hobby oder mehr Kontakte außerhalb der Arbeitszeit. Ist der Smartphone-Kreislauf einmal durchbrochen, fällt es mit neuen Gewohnheiten leicht, sich von den alten loszulösen.
Digital Detox bietet zahlreiche Vorteile, kann für einige Menschen aber auch Nachteile mit sich bringen. Wenn eine Person nicht ständig erreichbar ist, führt das schon nach kurzer Zeit zu einem verringerten Stressempfinden und einer Steigerung der Konzentration. Das Gehirn hat mehr Kapazitäten für das, was im Fokus steht, und ist nicht durch eingehende Nachrichten oder sonstige Reize abgelenkt. Zudem bleiben faktisch mehr Zeit und kognitives Fassungsvermögen für die Umsetzung von Ideen und um Gedanken schweifen zu lassen. Gerade Letzteres ist für die Entspannung des Nervensystems äußerst wichtig. Ein weiterer Vorteil von Digital Detox ist, dass die Augen weniger durch die Bildschirmnutzung belastet sind und Fehlhaltungen des Körpers sich verbessern können – etwa das vornübergebeugte Sitzen mit hochgezogenen Schultern, das typisch für Smartphonenutzende ist. Aktuelle Meta-Analysen zeigen, dass Digital Detox zwar depressive Symptome und digitale Stressreaktionen senken kann, die Effekte auf allgemeines Wohlbefinden oder Lebenszufriedenheit aber begrenzt sind. Es handelt sich also um eine hilfreiche Ergänzung, nicht um eine alleinige Lösung gegen Stress und Überlastung.
Einige Personen empfinden Digital Detox jedoch als Nachteil, zum Beispiel weil sie dadurch nicht innerhalb kürzester Zeit auf die aktuellsten Informationen zugreifen können. Zudem kann es mehr Zeit in Anspruch nehmen, sich beispielsweise ohne Navigationsapp zurechtzufinden oder statt Online-Shopping Einkäufe in der realen Welt zu erledigen.
Digital Detox ist ein Trend, bei dem Personen bewusst Abstand von digitalen Geräten wie Smartphone, Laptop oder Computer nehmen. Da die ständige Ablenkung durch Nachrichten und eingehende Informationen mit der Zeit zu einer Überreizung des Gehirns führt, sorgen aktive Bildschirmpausen dafür, dass das Nervensystem sich wieder entspannt und die Eindrücke des Tages in Ruhe verarbeiten kann. Um Digital Detox umzusetzen, gibt es einfache Tipps, die man im Alltag einbauen kann. Dazu gehört zum Beispiel, sich selbst bestimmte Regeln aufzustellen, wann und wo ein Smartphone genutzt werden darf.
Veröffentlicht am: 29.10.2025
[1] Techniker Krankenkasse. Digital Detox: Was ist das und wie setze ich es um? https://www.tk.de/techniker/magazin/digitale-gesundheit/digital-detox-tipps-2055434?tkcm=ab
[2] IKK classic. Digital Detox: 5 Tipps für digitale Entgiftung. https://www.ikk-classic.de/gesund-machen/digitales-leben/digital-detox-anleitung
[3] Radtke, T. et al. Digital Detox: An effective solution in the smartphone era? A systematic literature review. Mobile Media & Communication 2022, 10(2), 190-215.
[4] Bieckmann, L. Zwischen „Always Online “und „Digital Detox “ – Strategien von Unternehmen und Beschäftigten, die Nutzung digitaler Medien zur Stressreduktion einzugrenzen. Corporate Communications Journal (CCJ) 2020, 5(1), 7-13.
[5] Forum Medienbildung Aktueller Überblick über Studien zur Screentime-Nutzung https://medienbildung.at/aktuelles/aktueller-uberblick-uber-studien-zur-screentime-nutzung/
[6] kindergesundheit-info.de Tabelle: Wie oft und wie lange dürfen Kinder Medien nutzen? https://www.kindergesundheit-info.de/themen/medien/alltagstipps/mediennutzung/hoechstdauer/
[7] NIH National Library of Medicine Impacts of digital social media detox for mental health: A systematic review and meta-analysis https://pmc.ncbi.nlm.nih.gov/articles/PMC11392003/