Insulin: Warum Abwechslung bei den Injektionsstellen so wichtig ist

Insulin: Warum Abwechslung bei den Injektionsstellen so wichtig ist

Wer Insulin spritzen muss, lernt den richtigen Umgang mit dem Insulinpen und dem Blutzuckermessgerät in einer speziellen Schulung. Doch nicht nur die richtige Spritztechnik ist bei der Insulintherapie wichtig. Auch die Spritzgewohnheiten sind grundlegende Puzzlesteine für eine erfolgreiche Diabeteseinstellung.1

Wohin Insulin spritzen?

Damit Insulin richtig wirken kann, muss es ins Unterhautfettgewebe gespritzt werden. Dieses liegt zwischen der Haut und den Muskeln. Hier befinden sich die kleinen Blutgefäße (Kapillaren), die das Insulin in den Blutkreislauf bringen.1

Um das Unterhautfettgewebe zu treffen, muss die Pen-Nadel die richtige Länge haben, meistens sind das bei einem Erwachsenen 4 bis 5 mm. Welche Nadellänge für Sie passt, lernen Sie in der Diabetesschulung.1

Ist die Nadel zu kurz, wird das Insulin in die Haut gespritzt. Von hier aus gelangt es schlechter ins Blut und kann nicht richtig wirken. Ist die Nadel zu lang, spritzt man das Insulin in den Muskel. Das ist erstens schmerzhaft und zweitens wird das Insulin hier unkontrollierter freigesetzt. Die Wirkung setzt dann schneller ein und es kann zu problematischen Unterzuckerungen (Hypoglykämie) kommen.1

Die richtigen Einstichstellen für Insulin

Viel Unterhautfettgewebe befindet sich in der Regel am Bauch und dem Hüftbereich, am Gesäß und an den Oberschenkeln. An diesen Körperstellen entfaltet das Insulin aber unterschiedlich schnell seine Wirkung. In den Bauch und den Hüftbereich gespritzt wirkt es schneller und führt so rascher zu einer Blutzuckersenkung als wenn es in Gesäß oder Oberschenkel gespritzt wird. Daher wird schnell wirkendes Normalinsulin (Bolusinsulin) zu den Mahlzeiten meistens in den Bauch gespritzt, langsam wirkendes Insulin (Basalinsulin) in Po und Oberschenkel.1,2 Besprechen Sie mit Ihrem Diabetesteam, welche Spitzstellen für Sie am besten geeignet sind.

Injektionsstelle wechseln

Wer die Injektionsstelle zu selten oder gar nicht wechselt, tut seinem Körper keinen Gefallen, denn es können Probleme bei der Einstellung des Blutzuckers entstehen. Wird immer in die gleiche Stelle gespritzt können Verhärtungen und Verdickungen (Lipohypertrophien) entstehen. Diese sichtbaren Knoten oder Beulen sind schlechter durchblutet als das gesunde Gewebe. Die Folge: Das Insulin kann in diesen Bereichen nicht mehr so gut in die Blutbahn gelangen und der Blutzuckerwert wird mit der gewohnten Insulindosis nicht mehr ausreichend gesenkt.1 Viele erhöhen daraufhin die Insulindosis und sind verunsichert, weil sie glauben, der Diabetes hätte sich verschlimmert.

Geeignetes Rotationsschema finden

Um das Gewebe zu schützen und die Insulinwirkung nicht zu gefährden, ist es wichtig ein passendes Spritzschema zu finden. Besprechen Sie mit Ihrem Diabetesteam, welches Schema für Sie geeignet ist und behalten sie dieses dann auch bei. Denn auch ein unsystematisches Wechseln birgt die Gefahr von Blutzuckerschwankungen. Hier einige der gebräuchlichen Rotationsmuster:

  • Bauch

Am Bauch können Sie zwischen verschiedenen Rotationsmustern wählen:

Insulinspritzen nach der Wochenuhr

Am Montag fangen Sie oberhalb des Bauchnabels an (drei Finger breit Abstand halten). Wer mehrmals täglich Insulin benötigt, spritzt immer mit 2 cm Abstand in der Höhe versetzt. Am Dienstag wandern Sie ein Stück nach links unten. Halten Sie mindestens einen Fingerbreit Abstand zur vorherigen Injektionsstelle. Am Mittwoch gehen Sie im Uhrzeigersinn weiter, bis Sie nach einer Woche einmal um den Bauchnabel herum sind.1,2

Die Illustration zeigt einen gezeichneten Körper. Auf dem Bauch sind die Wochentage notiert: Oben, auf 12 Uhr, ist Sonntag, dann im Uhrzeigersinn die weiteren Wochentage, immer etwas entfernt vom Bauchnabel.

Insulinspritzen nach der Wochenuhr

Insulinspritzen nach der 4-Felder-Technik

Teilen Sie die Region an Bauch in vier gleich große Quadranten ein und spritzen Sie jede Woche in ein anderes Feld. Auch hier bietet es sich an, im Uhrzeigersinn vorzugehen. Achten Sie darauf, dass die einzelnen Spritzstellen in einem Quadranten jeweils mindestens 2 cm voneinander entfernt sind.3

Die Illustration zeigt die 4-Felder-Technik: Auf dem gezeichneten Bauch sind vier Felder eingezeichnet, Jede Woche soll in ein anderes dieser Felder gespritzt werden. Pfeile im Uhrzeigersinn verbinden die 4 Felder.

Insulinspritzen nach der 4-Felder-Technik

Insulinspritzen nach Spritzreihen

Fangen Sie Montag morgens ganz rechts außen (am weitesten entfernt vom Bauchnabel) und etwas höher als der Bauchnabel an. Falls Sie auch mittags und abends spitzen müssen, rutschen Sie mittags auf Höhe des Bauchnabels und abends darunter. Am Dienstag rutschen Sie 2 cm weiter nach links Richtung Bauchnabel. Immer so weiter, bis Sie am Sonntag ganz in der Nähe des Bauchnabels angekommen sind (drei Finger breit Abstand halten). In der nächsten Woche fangen Sie auf der anderen Seite an.2

Die Illustration zeigt eine gezeichnete Körpermitte, auf dem Bauch sind Reihen mit Buchstaben notiert. Oben steht "Morgens", darunter die Anfangsbuchstaben der Wochentage (M für Montag, D für Dienstag usw.). In der Mitte ist die Überschrift "Mittags" mit den Wochentagen darunter und in der 3. und letzten Reihe steht "Abends" mit den Wochentagen.

Insulinspritzen nach Spritzreihen

 

Insulinspritzen in die Oberschenkel “Halbe-Halbe”

Unterteilen Sie die beiden äußeren Oberschenkel in je zwei Hälften. Spritzen Sie nun eine Woche in die erste obere Hälfte rechts (mindesten 2 cm Abstand zwischen den Injektionsstellen) und in der nächsten Woche in die obere Hälfte oben links. In der dritten Woche kommt dann die untere linke Hälfte dran. In der vierten Woche spritzen Sie unten rechts. Dann beginnen Sie wieder von vorne.5

Die Illustration zeigt die Oberschenkel. Der eine Oberschenkel zeigt zwei Bereiche, die oben mit 1 und darunter mit 4 markiert sind. Der andere Oberschenkel zeigt zwei Bereiche, der obere ist mit 2 beschriftet, der untere mit 3. Pfeile zeigen vom Bereich 1 zu 2, dann zu 3 zu 4.

Insulinspritzen in die Oberschenkel

Insulinspritzen in die Oberschenkel nach Spritzreihen

Starten Sie am Montag am äußeren rechten Oberschenkel ganz oben. Rutschen Sie dann jeden Tag 2 cm weiter nach unten Richtung Knie. In der Woche darauf beginnen Sie eine neue Reihe neben der ersten. Danach wechseln Sie den Oberschenkel und spritzen 2 Wochen auf der anderen Seite, bevor Sie wieder den Oberschenkel wechseln.2

Die Illustration zeigt gezeichnete Oberschenkel einer Person. Hier sind sogenannte Spritzreihen dargestellt. Am äußeren rechten Oberschenkel ganz oben steht die Ziffer 1, darunter befinden sich Punkte. Daneben ist eine zweite Reihe mit markierten Einstichstellen. Am 2. Oberschenkel sind ebenfalls 2 Reihen dargestellt, die mit Punkten (mit ca. 2 cm Abstand) die Einstichstellen zeigen.

Insulinspritzen nach Spritzreihen in die Oberschenkel

Achtung: Nicht immer ist am Oberschenkel genügend Unterhautfettgewebe vorhanden. Besprechen Sie mit Ihrem Diabetesteam, welche Einspritzstellen und welches Spritzschema am besten für Sie geeignet ist.

Injektionsstellentracker bei MyTherapy

Die MyTherapy-App von smartpatient unterstützt Sie bei Ihrer Insulintherapie. Lassen Sie sich unter „Therapie“ an Ihre nächste Injektion erinnern. Wenn Sie die Insulininjektion in der App bestätigen, können Sie dabei auch die Injektionsstelle auswählen. Sie können den Injektionsstellentracker auch noch nachträglich bearbeiten, sollten Sie die Eingabe einmal vergessen haben. Dafür einfach auf „Fortschritt“ gehen und die entsprechende Injektionszeit aufrufen.

Wichtig:
Hinweis: Um die hohe Qualität unserer Inhalte sicher zu stellen, wurde dieser Text von unserem ApothekerInnen-Team geprüft. Die bereitgestellten Inhalte dienen lediglich der Information und ersetzen keine medizinische Beratung oder Behandlung durch einen Arzt oder eine Ärztin. Die Texte sind nicht zur eigenständigen Diagnose und Beginn, Änderung oder Beendigung einer Behandlung von Krankheiten gedacht.

Referenzen:

  1. Insulin richtig spritzen: So geht’s. https://www.diabinfo.de/leben/behandlung/richtig-spritzen.html Stand: 03.11.2019. Abgerufen: 06.01.2023
  2. Insulin richtig spritzen: Wie geht das? https://www.diabetes-news.de/produkte/insulin-spritzen-wie-geht-das Stand: 2023, Abgerufen: 06.01.2023
  3. Ärzteblatt: Insulintherapie: Fallstricke bei der Injektion vermeiden https://www.aerzteblatt.de/archiv/193958/Insulintherapie-Fallstricke-bei-der-Injektion-vermeiden Stand: 2017. Abgerufen: 06.01.2023
  4. Deutsche Diabetes Hilfe. Leitfaden: Sichere und sanfte Insulininjektion. https://www.diabetesde.org/system/files/documents/kleiner_leitfaden_sichere_insulininjektion_0.pdf Stand: 2023. Abgerufen: 06.01.2023
  5. VDBD Verband der Diabetes-Beratungs- und Schulungsberufe in Deutschland e.V. Leitfaden zur Injektion bei Diabetes mellitus. https://www.vdbd.de/fileadmin/portal/redaktion/Publikationen/170621_VDBD-Leitfaden_Injektion_2016_Web.pdf Stand: November 2016. Abgerufen: 09.01.2023

Bildnachweise:

Titelbild: AdobeStock

Illustrationen: smartpatient GmbH

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