Viele Menschen nehmen regelmäßig Medikamente ein, oftmals sogar mehrere. Und je mehr Arzneimittel im Laufe der Zeit hinzukommen, desto wichtiger ist es, den Überblick über die eingenommenen Präparate zu behalten. Denn eine lückenlose Medikationshistorie hilft Ärzten und Apothekern, gefährliche Wechselwirkungen, Doppelmedikationen oder eine Über- und Unterversorgung zu vermeiden.
Gerade ältere und chronisch Kranke müssen oft viele verschiedene Medikamente gleichzeitig einnehmen. Eine solche Polymedikation birgt verschiedene Probleme und Risiken, die sich mit einer lückenlosen Medikationshistorie vermeiden lassen:
Verschiedene Medikamente können sich gegenseitig bezüglich ihrer Wirkungen, aber auch hinsichtlich ihrer Nebenwirkungen beeinflussen. So kann ein Medikament die Wirkung eines anderen verstärken oder abschwächen, sie im Extremfall sogar komplett aufheben. Das gleiche gilt auch für bestimmte Lebensmittel, wenn Patienten ihre Medikamente zusammen mit oder kurz vor beziehungsweise nach einer Mahlzeit einnehmen. Wechselwirkungen können für den Betroffenen erhebliche Folgen haben, denn die Therapie kann dadurch möglicherweise nicht richtig wirken. In manchen Fällen können Wechselwirkungen sogar lebensgefährlich werden, beispielsweise wenn sie sich auf das Herz-Kreislaufsystem auswirken und eine erhöhte Gefahr von Blutungen oder anderen schwerwiegenden Komplikationen besteht. Liegt dem Arzt/Apotheker eine umfassende Medikationshistorie vor, lassen sich solche ungünstigen Wechselwirkungen schneller und leichter erkennen bzw. vermeiden.
Bekannte Beispiele für Wechselwirkungen zwischen verschiedenen Medikamenten oder Medikamenten und Lebensmitteln sind:
Acetylsalicylsäure (ASS) und andere Blutverdünner: Aspirin hat nicht nur eine schmerzstillende Wirkung, sondern hemmt auch die Blutgerinnung. In Kombination mit anderen Blutverdünnern kann ein erhöhtes Risiko für innere Blutungen bestehen.
Blutverdünner und Vitamin K: Umgekehrt verhält es sich bei einer Gruppe von Blutverdünnern und Vitamin K, das vor allem in grünem Gemüse enthalten ist. Es unterstützt die Blutgerinnung und kann die Wirkung dieser speziellen Gruppe Blutverdünner abschwächen. Deshalb kann es bei einer Vitamin-K-reichen Ernährung notwendig sein, dass der Arzt die Dosierung des Blutverdünners anpasst.
Grapefruitsaft hemmt ein Enzym, das für den Abbau verschiedener Medikamente im, Darm verantwortlich ist. Somit gelangt mehr Wirkstoff in den Organismus und kann schwere Nebenwirkungen verursachen. Die Wirkung von Grapefruitsaft hält über viele Stunden an, sodass eine zeitversetzte Einnahme in diesem Fall nicht ausreicht.
Johanneskraut kann die Wirkung anderer Medikamente verstärken oder abschwächen. So verringert es beispielsweise die Wirkung von Gerinnungshemmern oder von Medikamenten, die das Immunsystem unterdrücken.
Alkohol kann verschiedenste Medikamente beeinflussen. So verstärkt er beispielsweise die Wirkung von Schlaf- und Beruhigungsmitteln (Sedativa) und erhöht bei Wirkstoffen wie ASS, Diclofenac oder Ibuprofen das Risiko für Blutungen im Magen-Darm-Trakt.
Milchprodukte können die Wirkung bestimmter Arzneimittel, insbesondere von Antibiotika und Eisenpräparaten, beeinflussen: Sie enthalten relativ viel Calcium, das unter anderem die Aufnahme der Medikamente im Darm stört.
Viele Patienten sind bei verschiedenen Ärzten in Behandlung. Es besteht dadurch ein gewisses Risiko, dass ihnen bestimmte Präparate mehrfach verordnet werden oder dass ein Arzt versehentlich oder auch beabsichtigt die Dosis eines Medikaments ändert. Auf diese Weise kann es zu einer Über- oder Unterversorgung mit bestimmten Wirkstoffen kommen. Beides lässt sich mithilfe einer lückenlosen Medikationshistorie durch Arzt oder Apotheker erkennen.
Ein weiterer Vorteil liegt darin, dass sich aus der Medikationshistorie wichtige Hinweise auf die Verträglichkeit bestimmter Wirkstoffe und Wirkstoffgruppen ergeben. Das kann dem Arzt weitere Therapieentscheidungen und Verschreibungen erleichtern und ihm helfen, unerwünschte Nebenwirkungen zu verringern oder zu vermeiden. Zudem ist es nur bei einem vollständigen Überblick über die eingenommen Medikamente möglich, Wirkungen und Nebenwirkungen sicher zuzuordnen. Das ist für den behandelnden Arzt aus zwei Gründen wichtig: Aus diagnostischer Sicht erleichtert es ihm, die Beschwerden eines Patienten richtig einzuordnen und aus therapeutischer Sicht erleichtert es ihm, die Wirksamkeit der von ihm verordneten Behandlung zu beurteilen.
Einige Medikamente kommen hauptsächlich saisonal zum Einsatz, z. B. Erkältungsmedikamente oder Medikamente gegen Heuschnupfen. Deshalb ist es wichtig, mit der Medikationshistorie einen Zeitraum von mindestens einem Jahr, besser aber von 24 Monaten abzudecken. Hinzu kommt, dass nicht jede Wechselwirkung unmittelbar in Erscheinung tritt oder direkt nach Absetzen des Medikaments beendet ist. Einige Wechselwirkungen machen sich erst nach Tagen, Wochen oder sogar Monaten bemerkbar. Sie lassen sich deshalb nur mithilfe einer langfristigen Medikamentendokumentation zuordnen und richtig einschätzen.
Grundsätzlich sollte die Historie so vollständig wie möglich sein, um das höchstmögliche Maß an Sicherheit zu bieten. Selbstverständlich gehören somit alle Dauermedikationen bei chronischen Erkrankungen, aber auch akute Therapien (zum Beispiel bei Infekten, Kopfschmerzen oder Verletzungen) und saisonale Medikamente in die Medikationshistorie.
Auch frei verkäufliche Medikamente, die nicht vom Arzt verschrieben werden müssen (die sogenannten OTC-Präparate), können unerwünschte Nebenwirkungen haben und mit anderen Arzneimitteln wechselwirken. Somit gehören auch Arzneimittel, die Patienten unabhängig von einer ärztlichen Verschreibung erwerben, unbedingt in einen lückenlosen Medikamentenplan.
Im einfachsten Fall ist die Medikationshistorie für die Apotheke anhand des Kundenkontos bzw. über die Verkaufshistorie nachvollziehbar. Das setzt allerdings voraus, dass der Patient immer dieselbe Apotheke aufsucht. Mit der elektronischen Patientenakte (ePA) und dem elektronischen Medikationsplan (eMP) stehen deshalb zukünftig auch innovativere und letztlich noch sicherere Methoden zur Verfügung, die Medikamenteneinnahme möglichst lückenlos zu dokumentieren. Der auf der elektronischen Gesundheitskarte (eGK) gespeicherte Medikationsplan steht allen Patienten zu, die dauerhaft mehr als drei verordnete Medikamente einnehmen und enthält sämtliche verschreibungspflichtigen Medikamente samt Wirkstoff, Dosierung, Einnahmegrund uns sonstigen Einnahmehinweisen. Sein Vorteil besteht darin, dass er allen an der Versorgung eines Patienten beteiligten Ärzten, Krankenhäusern und Apothekern auf einen Blick ein lückenloses Bild über die Medikamenteneinnahme gibt. Eine Kontrolle der Medikation findet somit durch mehrere Instanzen statt. Das erhöht die Wahrscheinlichkeit, potenzielle Probleme und Risiken frühzeitig zu erkennen und zu vermeiden und schafft somit mehr Sicherheit für den Patienten.
Im Falle des elektronischen Medikamentenplans, der auf der Gesundheitskarte hinterlegt ist, sind alle an der Versorgung des Patienten beteiligten Ärzte und Apotheker dazu verpflichtet, die Medikationshistorie auf dem aktuellen Stand zu halten. Für Patienten, die das Angebot des elektronischen Medikationsplans nicht in Anspruch nehmen, ist es ratsam, die Medikationshistorie zusammen mit einer innovationsfreudigen (Online-)Apotheke ihres Vertrauens auf dem aktuellen Stand zu halten.
Veröffentlicht am: 03.05.2021
Letzte Aktualisierung: 27.02.2023
[1] Deutsche Apothekerzeitung. Arzneimittelinteraktionen. https://www.deutsche-apotheker-zeitung.de/daz-az/2012/daz-36-2012/arzneimittelinteraktionen-3
[2] Pharmazeutische Zeitung. Der Zeitfaktor bei Wechselwirkungen. https://www.pharmazeutische-zeitung.de/ausgabe-502007/der-zeitfaktor-bei-wechselwirkungen/
[3] Pharmazeutische Zeitung. Die acht häufigsten Interaktionen. https://www.pharmazeutische-zeitung.de/die-acht-haeufigsten-interaktionen/
[4] ÄrzteZeitung. Saft mit Wechselwirkungen. https://www.aerztezeitung.de/Medizin/Saft-mit-Wechselwirkung-288412.html
[5] Gesundheitsinformation.de. Depression – können Mittel aus Johanniskraut helfen? https://www.gesundheitsinformation.de/kann-johanniskraut-bei-depressionen-helfen.html
[6] gematik. Medikationsdaten immer aktuell. https://www.gematik.de/anwendungen/e-rezept