Thrombozytenaggregationshemmer – Anwendung, Wirkung und Nebenwirkungen

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Zusammenfassung
Thrombozytenaggregationshemmer sind eine Gruppe von Wirkstoffen, die immer dann zum Einsatz kommen, wenn die Bildung von Blutgerinnseln verhindert werden soll. Das ist beispielsweise nach Operationen der Fall, nach einem Herzinfarkt oder bei der sogenannten Schaufensterkrankheit. Viele Thrombozytenaggregationshemmer werden als Tablette eingenommen, darunter die häufig verschriebenen Wirkstoffe Acetylsalicylsäure, Clopidogrel, Ticagrelor und Prasugrel. Zu den Nebenwirkungen von Thrombozytenaggregationshemmern zählen eine erhöhte Blutungsneigung, die zu blauen Flecken, Blutergüssen oder Nasenbluten führen kann. In einzelnen Fällen können aber auch lebensbedrohliche Blutungen die Folge sein.
Was sind Thrombozytenaggregationshemmer?
Thrombozytenaggregationshemmer sind eine Gruppe von verschreibungspflichtigen Medikamenten, die verhindern, dass die Blutplättchen, in der Medizin Thrombozyten genannt, verklumpen. Sie werden daher auch als Plättchenhemmer bezeichnet.
Zu den Thrombozytenaggregationshemmern zählen unter anderem folgende Wirkstoffe:
- Acetylsalicylsäure (ASS)
- Clopidogrel
- Prasugrel
- Ticagrelor
- Ticlopidin (wird heute kaum noch eingesetzt)
- Cangrelor
- Abciximab
- Eptifibatid
- Tirofiban
- Iloprost
- Dipyridamol (wird in Deutschland nur in Kombination mit Acetylsalicylsäure vertrieben)
Clopidogrel, Prasugrel, Ticagrelor, Ticlopidin und Cangrelor haben denselben Wirkmechanismus und werden daher in der Medizin zu einer bestimmten Untergruppe von Thrombozytenaggregationshemmern zusammengefasst, nämlich den P2Y12-Hemmern, auch ADP-Rezeptor-Antagonisten genannt.
Nicht verwechselt werden sollten Thrombozytenaggregationshemmer mit Gerinnungshemmern (Antikoagulantien) wie Phenprocoumon, Warfarin, Dabigatran, Rivaroxaban und Apixaban. Diese werden umgangssprachlich auch als Blutverdünner bezeichnet, obwohl sie nicht das Blut verdünnen, stattdessen vermindern sie die Gerinnungsfähigkeit des Bluts.
Wie wirken Thrombozytenaggregationshemmer?
Thrombozytenaggregationshemmer fördern die Durchblutung und vermindern die Bildung von Blutgerinnseln, in der Medizin Thromben genannt. Entscheidend für die Bildung von Thromben sind bestimmte Blutzellen, die Blutplättchen (Thrombozyten). Bei einer Wunde lagern sie sich an die verletzte Stelle an, vernetzen sich und bilden einen Pfropf, der die Stelle abdichtet. Manchmal bilden sich Blutgerinnsel aber auch ohne äußere Verletzung, beispielsweise wenn die Innenseite der Blutgefäße durch Arterienverkalkung (Arteriosklerose) beschädigt ist. Solche Blutgerinnsel können mit dem Blutstrom weit durch den Körper wandern und – wenn sie in kleine Gefäße gelangen – diese verstopfen. Handelt es sich dabei beispielsweise um die Herzkranzgefäße, die das Herz mit Blut versorgen, ist die Folge ein Herzinfarkt. Wandert das Gerinnsel ins Gehirn, kann das einen Schlaganfall auslösen. Indem Thrombozytenaggregationshemmer die Blutplättchen daran hindern, sich zusammenzulagern, bilden sich weniger Blutgerinnsel, wodurch die Gefahr solcher Komplikationen abnimmt.
Wie und bei welchen Beschwerden werden Thrombozytenaggregations-hemmer eingesetzt?
Thrombozytenaggregationshemmer kommen dann zum Einsatz, wenn die Bildung von Thromben verhindert werden soll. Das kann in folgenden Situationen der Fall sein:
- Nach einer Operation
- Nach Implantation einer Gefäßstütze (Stent)
- Nach einem akuten Koronarsyndrom bzw. Herzinfarkt
- Nach einem Schlaganfall
- Bei Menschen mit einer koronaren Herzkrankheit
- Bei Menschen mit einer peripheren arteriellen Verschlusskrankheit (pAVK), auch Schaufensterkrankheit genannt
- Bei Menschen mit einer Venenentzündung aufgrund eines Blutgerinnsels (Thrombophlebitis)
Acetylsalicylsäure, Dipyridamol sowie die P2Y12-Hemmer Clopidogrel, Prasugrel, Ticagrelor und Ticlopidin werden als Tablette eingenommen. Cangrelor, Abciximab, Eptifibatidl und Tirofiban verabreicht medizinisches Personal dagegen intravenös als Spritze oder Infusion. Iloprost lässt sich sowohl mittels Inhalation als auch intravenös mittels Infusion geben.
Thrombozytenaggregationshemmer können allein oder in Kombination mit anderen Medikamenten verschrieben werden. Beispielsweise ist nach der Implantation einer Gefäßstütze (Stent) für eine bestimmte Dauer (ein bis zwölf Monate) eine Plättchenhemmung mit zwei unterschiedlichen Arzneimitteln empfehlenswert (duale Plättchenhemmung), bestehend aus Acetylsalicylsäure und einem P2Y12-Hemmer, oft Clopidogrel. Ist die Gefäßstütze nach einigen Monaten ausreichend eingeheilt, kann meist der P2Y12-Hemmer abgesetzt werden.
Die Dosierung hängt unter anderem von der Art des jeweiligen Thrombozytenaggregationshemmers und dem Einsatzgebiet ab. Übliche Dosierungen für einige häufig bei Erwachsenen verwendete Thrombozytenaggregationshemmer in Tablettenform sind:
- Acetylsalicylsäure: 75–150 Milligramm einmal täglich
- Clopidogrel: 75 Milligramm einmal täglich
- Ticagrelor: 60–90 Milligramm zweimal täglich
- Prasugrel: 5–10 Milligramm einmal täglich
Welche Nebenwirkungen können bei Thrombozytenaggregationshemmern auftreten?
Neben der erwünschten Wirkung von Thrombozytenaggregationshemmern kann es zu unerwünschten Wirkungen kommen – wie oft diese auftreten, ist unterschiedlich. Zu den häufigeren Nebenwirkungen von Thrombozytenaggregationshemmern zählen beispielsweise:
- Blaue Flecken und Blutergüsse
- Nasenbluten
- Blutungen im Magen-Darm-Trakt (schwarzer Stuhl kann ein Hinweis darauf sein)
- Magen-Darm-Beschwerden wie Durchfall, Bauchschmerzen, Sodbrennen, Übelkeit und Erbrechen
Daneben gibt es Nebenwirkungen, die zwar selten auftreten, aber besonders gravierend sein können, weshalb es wichtig ist, auf entsprechende Warnsignale zu achten. Hierzu gehören:
- Überempfindlichkeitsreaktionen, darunter Hautreaktionen, Schwellungen im Gesicht oder Atemnot
- Schwindel, Fieber, Verwirrtheit, Nierenversagen und weitere Beschwerden, die auf die Bildung von zahlreichen kleinen Gerinnseln und die Zerstörung der roten Blutplättchen zurückgehen (thrombotisch-thrombozytopenische Purpura)
Gibt es Wechselwirkungen bei Thrombozytenaggregationshemmern?
Thrombozytenaggregationshemmer können mit verschiedenen anderen Medikamenten wechselwirken. Werden sie beispielsweise mit anderen gerinnungshemmenden Wirkstoffen wie Antikoagulanzien eingenommen, steigt das Risiko für Blutungen. Dasselbe gilt, wenn sie mit bestimmten Schmerzmitteln kombiniert werden, darunter den nichtsteroidalen Antirheumatika, zu denen ASS, Ibuprofen oder Diclofenac zählen. Aus demselben Grund ist bei der gleichzeitigen Einnahme von bestimmten Antidepressiva wie den selektiven Serotonin-Wiederaufnahmehemmern (SSRI) Vorsicht geboten. Betroffenen, die durch die Einnahme dieser Medikamentenkombinationen oder aufgrund hohen Alters ein erhöhtes Risiko für Magenblutungen haben, wird empfohlen, einen Magenschutz wie Pantoprazol oder Omeprazol einzunehmen.
Da Thrombozytenaggregationshemmer in vielen Fällen in der Leber verstoffwechselt und abgebaut werden, können Medikamente, die sich auf die Abbaufähigkeit der Leber auswirken, die Wirkung mancher Thrombozytenaggregationshemmer steigern oder vermindern. Hierzu gehören unter anderem:
- Protonenpumpenhemmer wie Omeprazol, die beispielsweise gegen Sodbrennen oder Entzündungen der Speiseröhre (Reflux-Ösophagitis) Anwendung finden. Hier sollte eine Risiko-Nutzen-Abwägung stattfinden, und zum Zweck des Magenschutzes eher auf Pantoprazol zurückgegriffen werden.
- Antidepressiva wie Fluvoxamin, Fluoxetin und Moclobemid
- Medikamente gegen Pilzinfektionen (Antimykotika) wie Voriconazol und Fluconazol
- Mittel gegen epileptische Anfälle (Antiepileptika) wie Carbamazepin
- Medikamente gegen HIV wie Efavirenz
Darüber hinaus können manche Thrombozytenaggregationshemmer die Wirkung anderer Medikamente verstärken oder abschwächen. Welche das sind, hängt vom jeweiligen Thrombozytenaggregationshemmer ab. Aus diesem Grund sollte die Packungsbeilage gründlich gelesen und die Ärztin oder den Arzt über alle Medikamente und Nahrungsergänzungsmittel die eingenommen werden, informiert werden.
Veröffentlicht am: 09.05.2025
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ATC Code(s)
ATC Codes sind internationale Klassifikationen von Wirkstoffen und Arzneimitteln.
- B01AC
- Quelle: Gelbe Liste
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Quellen
[1] Mutschler Arzneimittelwirkungen. 11. Auflage. Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft Stuttgart (2019).
[2] Pschyrembel. Online. Thrombozytenaggregations-Hemmer. https://www.pschyrembel.de/Thrombozytenaggregations-Hemmer/K0MJ2/doc/
[3] Pschyrembel. Online. Duale Antiplättchentherapie. https://www.pschyrembel.de/Duale%20Antipl%C3%A4ttchentherapie/A0TDW
[4] Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG). Was sind Gerinnungshemmer? https://www.gesundheitsinformation.de/was-sind-gerinnungshemmer.html
[5] Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG). Was sind Blutgerinnsel und wie entstehen sie? https://www.gesundheitsinformation.de/was-sind-blutgerinnsel-und-wie-entstehen-sie.html
[6] Gelbe Liste Pharmindex. Acetylsalicylsäure. https://www.gelbe-liste.de/wirkstoffe/Acetylsalicylsaeure_41
[7] Gelbe Liste Pharmindex. Clopidogrel. https://www.gelbe-liste.de/wirkstoffe/Clopidogrel_27391
[8] Gelbe Liste Pharmindex. Ticagrelor. https://www.gelbe-liste.de/wirkstoffe/Ticagrelor_51041
[9] Gelbe Liste Pharmindex. Prasugrel. https://www.gelbe-liste.de/wirkstoffe/Prasugrel_50587
[10] Pharmazeutische Zeitung. Pantoprazol vermutlich unkritisch. https://www.pharmazeutische-zeitung.de/ausgabe-092018/pantoprazol-vermutlich-unkritisch/
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