Ich lebe mit einer chronischen Erkrankung. Was kann ich tun, um niemanden anzustecken?

Ich lebe mit einer chronischen Erkrankung. Was kann ich tun, um niemanden anzustecken?

HIV-Ansteckungen zu vermeiden ist ein wichtiges Thema für Menschen, die selbst infiziert, also HIV-positiv sind. Nicht immer sind aber Kondome oder Femidome hier die beste Lösung. Schließlich sollen weder Partner noch bei Frauen mit Kinderwunsch die zukünftigen Kinder angesteckt werden.

Antiretrovirale Therapie Infizierter schützt vor Ansteckung

Da Impfstoffe gegen HIV bislang trotz jahrelanger Forschung nicht zur Verfügung stehen, bietet die antiretrovirale HIV-Therapie, kurz ART, den derzeit besten Schutz gegenüber Ansteckungen. Das Ziel dieser Behandlung ist es nämlich, die Zahl der Viren im Körper bis unter die Nachweisgrenze zu senken. Effektiv wird so verhindert, dass sich das Virus im Körper weiter vermehren und Schäden anrichten kann. Dadurch, dass so gut wie keine Viren im Körper aktiv sind, wird aber auch eine Übertragung auf andere Personen verhindert. Die konsequente HIV-Therapie hilft somit auch den Partner zu schützen.¹

ART bei HIV-positiven Schwangeren schützt Kinder

Von diesem Schutz vor Übertragung profitieren auch schwangeren HIV-positiven Frauen, die ohne antiretrovirale Therapie ihr Baby mit HIV anstecken könnten. Forscher untersuchten bei 864 Babys mit HIV-positiven Müttern, sowohl welche Kinder infiziert wurden als auch ab welchem Zeitpunkt die Mütter antiretroviral behandelt wurden. Die Kinder wurden 4 – 12 Wochen nach der Geburt getestet. 62 % der Mütter erhielten schon vor der Schwangerschaft die ART, 33,6 % starteten erst während der Schwangerschaft, 1,2 % begannen die ART nach der Geburt und 3,2 % der Mütter erhielten keine ART. Begann die ART vor oder während der Schwangerschaft, wurden nur 0,78 – 0,98 % der Kinder infiziert. Bei ART-Beginn nach der Geburt wurden 4,13 % der Kinder HIV-positiv getestet, während jedes 10. Kind (11,62 %) von Müttern ohne ART infiziert wurde. Den besten Schutz erhielten Kinder mit antiretroviraler Prophylaxe bis 72 Stunden nach der Geburt und ART der Mutter. Ohne ART oder Prophylaxe für das Baby infizierte sich dagegen jedes 5. Kind (22,32 %) mit HIV. Die ART ist somit nicht nur zum Schutz der Infizierten, sondern auch als Schutz vor Ansteckung wirksam.²

Offen über HIV sprechen eröffnet weitere Schutzmöglichkeiten

Eine wichtige Rolle beim Schutz anderer spielt aber auch der eigene Umgang mit der HIV-Infektion. Sind Partner über die Infektion informiert, können sie auch selbständig Entscheidungen zum eigenen Schutz vor HIV treffen. So kann ein fester Partner sich auch für eine Pre-Expositions-Prophylaxe-Behandlung, kurz PrEP, entscheiden und so die eigene Ansteckungsgefahr weiter senken. Ein Argument für Offenheit lieferte eine Befragung in Deutschland: Demnach waren Teilnehmer interessierter an einer PrEP, wenn sie ihr Risiko für eine HIV-Infektion als höher einschätzten, beispielsweise weil sie in der Vergangenheit Geschlechtsverkehr mit einem HIV-positiven Menschen gehabt hatten.³

Zukünftig sollen auch oberflächliche (topische) antiretrovirale PrEP-Methoden möglich sein, die eventuell beiden Partnern, HIV-positiv oder -negativ, ermöglichen, die Ansteckungsgefahr zu reduzieren. Beispielsweise werden aktuell Vaginalringe mit antiretroviralen Wirkstoffen in klinischen Studien untersucht. Auch Gele zum vaginalen oder rektalen Auftragen oder Zäpfchen mit antiretroviralen Wirkstoffen sind in der Entwicklung und sollen den PrEP-Schutz auch den Menschen ermöglichen, die antivirale-Medikamente nicht einnehmen, also nicht systemisch wirken lassen wollen oder aufgrund von Begleiterkrankungen diese nicht einnehmen können.⁴

Die antiretrovirale Therapie stellt also bisher die beste Möglichkeit für HIV-positive Menschen dar, andere vor einer Ansteckung zu schützen. Offenheit gegenüber Partnern spielt jedoch auch eine wichtige Rolle, da auch so auch eine medikamentöse Prophylaxe in Erwägung gezogen werden kann. Bei wechselnden Partnern bieten außerdem Kondom oder Femidom einen wichtigen Schutz vor HIV und verschiedenen anderen sexuell übertragbaren Erkrankungen.

Referenzen

1. Deutsche AIDS-Gesellschaft (DAIG). Deutsch Oesterreichische Leitlinien zur antiretroviralen Therapie der HIV 1 Infektion. Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften e.V. AWMF-Register-Nr.: 048-011. Im Internet: (Stand: 06.04.2020) https://www.awmf.org/uploads/tx_szleitlinien

2. Agabu A, Baughman AL, Fischer-Walker C, de Klerk M, Mutenda N, Rusberg F, Diergaardt D, Pentikainen N, Sawadogo S, Agolory S, Dinh TH. National-level effectiveness of ART to prevent early mother to child transmission of HIV in Namibia. PLoS One. 2020 Nov 10;15(11):e0233341. doi: 10.1371/journal.pone.0233341. PMID: 33170840; PMCID: PMC7654758. https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/33170840/

3. Pazzini M, Ignácz ZS, Tuppat J. Underlying factors related to HIV/AIDS prevention: investigating the willingness to take pre-exposure prophylaxis among men-who-have-sex-with-men in Germany. AIDS Res Ther. 2021 Sep 17;18(1):61. doi: 10.1186/s12981-021-00386-4. PMID: 34535178; PMCID: PMC8447767. https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/34535178/

4. Palanee-Phillips T, Baeten JM. Topical delivery of long-acting antiretrovirals to prevent HIV acquisition. Curr Opin HIV AIDS. 2020 Jan;15(1):42-48. doi: 10.1097/COH.0000000000000598. PMID: 31658117; PMCID: PMC7325564. https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/31658117/

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