Fluorchinolone – Anwendung, Wirkung und Nebenwirkungen

Schnelleinstieg in unsere Themen
Zusammenfassung
Fluorchinolone sind eine Gruppe von Breitbandantibiotika, die vom Arzt zur Behandlung diverser bakterieller Infektionen verschrieben werden. Sie wirken, indem sie die Nutzung der Erbinformation der Bakterien einschränken, wodurch diese absterben. Meist werden sie in Form von Tabletten eingenommen, es gibt aber auch Augentropfen oder Flüssigkeiten zum Einnehmen oder Spritzen. Die Nebenwirkungen betreffen vor allem den Verdauungstrakt und das zentrale Nervensystem. Die Wirkstoffe können außerdem den Aufbau des Gelenkknorpels schädigen, weshalb sie nicht bei Menschen unter 18 Jahren angewendet werden dürfen. Außerdem erhöhen sie das Risiko möglicher Muskel- und Sehnenentzündungen oder -risse. Zusätzlich beeinträchtigen sie das Reaktionsvermögen und können die Fähigkeit, Fahrzeuge und Maschinen zu führen, einschränken.
Was sind Fluorchinolone?
Fluorchinolone sind eine Gruppe von Antibiotika, die Bakterien abtöten, also bakterizid wirken. Sie hemmen das Eiweiß (Protein) DNA-Topoisomerase II, die als Gyrase bezeichnet wird. Deshalb sind diese Wirkstoffe auch als Gyrasehemmer bekannt. Sie wirken gegen eine Vielzahl unterschiedlicher Bakterien und werden nach diesen Wirkspektren von Wissenschaftlern auch in verschiedene Gruppen (I-IV) eingeteilt.
Derzeit sind in Deutschland folgende Vertreter zugelassen:
- Ciprofloxacin
- Levofloxacin
- Moxifloxacin
- Ofloxacin
- Norfloxacin
- Nadifloxacin
Wie alle Antibiotika sind Fluorchinolone verschreibungspflichtig und somit nur mit einem Rezept von einem Arzt in der Apotheke erhältlich.
Wie wirken Fluorchinolone?
Um Eiweiße produzieren und sich vermehren zu können, müssen alle Lebewesen ihre Erbinformation (Desoxyribonukleinsäure, DNS) auslesen und vervielfältigen. Dazu werden bestimmte Moleküle benötigt, ohne die diese Prozesse im Organismus gar nicht möglich sind, die Enzyme. Fluorchinolone hemmen von diesen im Bakterium vor allem die Topoisomerase II und IV, die bei der Faltung der Proteine zu einer dreidimensionalen Struktur helfen. Dadurch können die Bakterien sich nicht mehr vermehren oder funktionsfähige Eiweiße produzieren und sterben ab.
Auch im Körper des Menschen und anderer Säugetiere spielen die Topoisomerase II und IV eine wichtige Rolle. Sie sind allerdings deutlich unempfindlicher gegenüber der Wirkung von Fluorchinolonen als ihre Vertreter bei den Bakterien. Erst bei Konzentrationen, die viel höher sind, als sie bei der Behandlung von Infektionen zum Einsatz kommen, werden auch die menschlichen beziehungsweise tierischen Topoisomerasen gehemmt. Gegen Infektionen, die durch Viren verursacht werden, sind Fluorchinolone wie alle Antibiotika wirkungslos.
Wie und bei welchen Beschwerden werden Fluorchinolone eingesetzt?
Fluorchinolone wirken gegen eine Vielzahl unterschiedlicher bakterieller Infektionen. Sie werden in der Regel oral in Form von Tabletten oder Flüssigkeit eingenommen, beispielsweise bei:
- Entzündung der Nasennebenhöhlen (akute bakterielle Sinusitis) oder wenn sich anhaltende (chronische) Formen akut verschlimmern
- Infektionen von Knochen und Gelenken
- Infektionen im Bauchraum
- Harnwegsinfektionen
- Außerhalb eines Krankenhauses erworbene Lungenentzündung (ambulant erworbene Pneumonie, CAP)
- Acne vulgaris
Einige Vertreter kommen auch bei Augeninfektionen als lokales Antibiotikum in Form von Augentropfen zum Einsatz.
Nicht eingenommen werden sollten Fluorchinolone bei:
- Herzrhythmusstörungen
- Bei bekannter Unverträglichkeit gegenüber Chinolonen oder Fluorchinolonen
- Schwangerschaft oder in der Stillzeit
- Bei Neugeborenen und Kindern oder Jugendlichen unter 18 Jahren, da die Gelenkknorpel geschädigt werden können
Bei folgenden Personengruppen werden die Wirkstoffe nur unter äußerst sorgfältiger Abwägung eingesetzt, weil es bei ihnen zu einem erhöhten Risiko für Sehnenentzündungen und -rissen kommen kann:
- Ältere Menschen
- Bei fortgeschrittener Niereninsuffizienz
- Nach Organtransplantationen
- Bei Dauerbehandlung mit Kortikosteroiden wie Kortison
Welche Nebenwirkungen können bei Fluorchinolonen auftreten?
Häufige Nebenwirkungen bei der Anwendung von Fluorchinolonen sind:
- Störungen des Verdauungstraktes wie Übelkeit, Durchfall oder Bauchschmerzen
- Reaktionen des zentralen Nervensystems (Kopfschmerzen, Schlafstörungen, Benommenheit)
- Sehnenentzündung oder Sehnen- beziehungsweise Muskelrisse (vor allem bei der gleichzeitigen Anwendung von Glukokortikoiden)
- Herzrhythmusstörungen (Moxifloxacin)
Während der Anwendung von Fluorchinolonen sollte direktes Sonnenlicht vermieden werden, weil dieses zu phototoxischen Reaktionen führen kann. Teilweise kommen Leberschäden oder lichtunabhängige, schwere Hautreaktionen vor. Die Wirkstoffe können das Reaktionsvermögen reduzieren, was die Fähigkeit zum Führen von Maschinen oder Autos beeinträchtigen kann.
Gibt es Wechselwirkungen bei Fluorchinolonen?
Fluorchinolone bilden mit Kalzium, Magnesium oder Eisen schwer lösliche Komplexe, was ihre Wirkung stark beeinträchtigt. Präparate, die diese Mineralstoffe und Spurenelemente enthalten, sollten deshalb mit einigem zeitlichen Abstand eingenommen werden.
Ciprofloxacin und Enoxacin hemmen die Funktion von CYP1A2, eines Mitglieds der Enzymfamilie Cytochrom P450, die beim Abbau vieler Arzneistoffe eine Rolle spielen. Dadurch wird die Wirksamkeit einiger Wirkstoffe erhöht, zum Beispiel von Theophyllin (zur Erweiterung der Bronchien beispielsweise bei COPD) oder Tizanidin (löst Muskelkrämpfe, zum Beispiel bei Multipler Sklerose oder Rückenmarkserkrankungen). Dadurch kann es notwendig werden, Dosis oder Anwendungsintervall zu reduzieren. Medikamente, die auf den Herzrhythmus einwirken, indem sie das QT-Intervall verlängern, erhöhen bei der gleichzeitigen Einnahme von Fluorchinolonen das Risiko für eine bestimmte Form der beschleunigten Herzfrequenz, der Torsade-de-Pointes-Tachykardie.
Eine vollständige Liste der Kontraindikationen, Neben- und Wechselwirkungen des jeweiligen Medikaments kann der Packungsbeilage entnommen oder bei Arzt beziehungsweise Apotheker erfragt werden.
Veröffentlicht am: 27.05.2025
____________________________________________________________________________________________________________________________
ATC Code(s)
ATC Codes sind internationale Klassifikationen von Wirkstoffen und Arzneimitteln.
- J01MA, S01AE
- Quelle: Gelbe Liste
____________________________________________________________________________________________________________________________
Das könnte Sie auch interessieren
Quellen
[1] Die gelbe Liste. Fluorchinolone, https://www.gelbe-liste.de/wirkstoffgruppen/fluorchinolone
[2] Mutschler Arzneimittelwirkungen. 11. Auflage. Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft Stuttgart (2020).
[3] Pharmakologie und Toxikologie – von den molekularen Grundlagen zur Pharmakotherapie, Springer Medizin Verlag Heidelberg (2012)
[4] Pschyrembel Klinisches Wörterbuch online. Fluorchinolone. https://www.pschyrembel.de/Fluorchinolone/K04RD/doc/
Unsere Qualitätssicherung

„Die Beratung unserer Kunden auf höchstem pharmazeutischem Standard und damit jeden Tag zu Ihrer individuellen Gesundheit beizutragen ist mir ein Herzensanliegen und ist essentieller Bestandteil meiner täglichen Arbeit.“
Als Senior Expert im Bereich Pharma Service steht Louisa Wehleit hinter unseren Ratgebern. Hier vermitteln wir umfassendes Wissen im Bereich Wohlfühlen und Gesundheit. Mit unserem Ratgeber können Sie sich umfassend zu verschiedenen Gesundheitsthemen informieren und auf wertvolle Apotheker-Tipps zurückgreifen.